Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Rechtliche<br />
Basis für<br />
die Fami<br />
lienpolitik<br />
der Kom<br />
munen<br />
Familien<br />
förderung<br />
der Kom<br />
munen im<br />
Rahmen<br />
der ge<br />
setzlichen<br />
Regelun<br />
gen<br />
Drucksache 12/7560<br />
Kompetenz oder mit Hilfe anderer, entscheidet<br />
sich stets unter den konkreten Alltagsbedingungen<br />
in den Städten und Gemeinden. Hierzu<br />
gehören, neben der wirtschaftlichen Lage der<br />
Familien, ihre Wohn- und Arbeitsbedingungen,<br />
das räumliche und soziale Lebensumfeld, die<br />
technische und soziale Infrastruktur. Familienförderung<br />
muß deshalb stets auch an den Lebensbedingungen<br />
der Familien in ihrem alltäglichen<br />
Lebensumfeld ansetzen und sich gerade<br />
dort vollziehen, wo die Familien leben: in der<br />
Stadt, in der Gemeinde, in der Region.<br />
Bund, Länder und Kommunen wirken auch im<br />
Bereich der Familienpolitik auf unterschiedliche<br />
Weise zusammen (vgl. BMFuS 1992 b,<br />
S. 145 f.). Ausschließliche Bundeskompetenzen<br />
liegen bei familienpolitischen Regelungen nur<br />
selten vor. Nach dem Grundgesetz und der<br />
Rechtsprechung ergeben sich für Bund, Länder<br />
und Gemeinden folgende Kompetenzvorgaben:<br />
— Im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung<br />
wurden familienrelevante bundesgesetzliche<br />
Regelungen gestaltet, insbesondere<br />
durch das Ehe- und Familienrecht,<br />
BSHG, KJHG, BKGG, BErzGG, Steuerrecht,<br />
Baurecht;<br />
— Die Gesetzgebungskompetenz für familienwirksame<br />
Maßnahmen liegt bei den Bundesländern,<br />
sofern die Kompetenz nicht dem<br />
Bund zukommt, bzw. nicht durch den Bund<br />
Rahmenvorschriften erlassen worden sind<br />
oder aber bei Gegenständen der konkurrierenden<br />
Gesetzgebung auf ein Tätigwerden<br />
verzichtet wurde;<br />
— Nach Artikel 28 Abs. 2 GG haben die<br />
Gemeinden und Gemeindeverbände im übrigen<br />
das Recht, alle Angelegenheiten der<br />
örtlichen Gemeinschaft — so auch die Familienpolitik<br />
— im Rahmen der Gesetze in<br />
eigener Verantwortung zu regeln.<br />
Im Hinblick auf das Zusammenspiel von staatlicher<br />
und kommunaler Ebene muß deshalb<br />
unterschieden werden zwischen Aufgaben,<br />
— die Kommunen aufgrund gesetzlicher Regelungen<br />
wahrnehmen (sog. Pflichtaufgaben)<br />
und solchen,<br />
— die sie im Rahmen ihrer Allzuständigkeit<br />
freiwillig, d. h. besser: aus eigenem Antrieb,<br />
ergreifen.<br />
Kommunen wirken mit Bund und Ländern bei<br />
der Durchführung von familienpolitischen Gesetzen<br />
zusammen. Dabei sind Bundes- und<br />
Landesgesetze häufig auch mit einer Beteiligung<br />
an den Kosten der gesetzlichen Leistungen<br />
und am Verwaltungsaufwand verbunden.<br />
Am Beispiel der Neuregelung zum § 218 StGB,<br />
die eine Kindergartenplatz-Garantie einschließt,<br />
verweisen die Kommunalen Spitzenverbände<br />
darauf, daß derartige Aufgaben von<br />
den Kommunen nur dann umgesetzt werden<br />
könnten, wenn Bund und Länder ihren Anteil<br />
übernehmen. Eine solche notwendige Beteili<br />
-<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode<br />
gung sei zur Zeit weder vorhanden noch absehbar.<br />
Vielmehr müsse gerade in letzter Zeit durch<br />
die Spar- und Konsolidierungsprogramme eine<br />
Tendenz zur Abwälzung von Bundes- und Landesaufgaben<br />
auf die Kommunen festgestellt<br />
werden. Dies enge den Spielraum der Kommunen<br />
für eigene politische Initiativen ein und<br />
wecke zugleich den Verdacht, daß die Forderung<br />
nach kommunaler Familienpolitik als<br />
Schritt in Richtung einer weiteren Aufgabenverlagerung<br />
gedeutet werden müsse.<br />
Dieser Dissens zwischen staatlicher und kommunaler<br />
Ebene wird möglicherweise nicht so<br />
schnell zu lösen sein. Deshalb muß verhindert<br />
werden, daß dieser übergeordnete Dissens sich<br />
negativ auf die Bereitschaft der Kommunen zu<br />
eigenen familienpolitischen Initiativen auswirkt.<br />
Vielmehr sind auch in Anbetracht der<br />
angespannten öffentlichen Haushalte viele<br />
Aktivitäten auf örtlicher und regionaler Ebene<br />
möglich, die nicht Geld sondern Initiative und<br />
intelligentes Management erfordern.<br />
Bund und Länder schaffen Rahmenbedingungen<br />
für Familien, ohne daß dabei näher auf die<br />
lebensräumlichen Bedingungen Bezug genommen<br />
werden kann. Dies ist besonders gut in den<br />
Städten, Gemeinden und Landkreisen möglich.<br />
Dort an ihrem Wohnort werden die Lebensbedingungen<br />
der Familien durch zahlreiche Entscheidungen<br />
über Infrastruktur, im Siedlungs-,<br />
Wohnungs- und Verkehrswesen sowie im Bildungs-,<br />
Sozial- und Gesundheitswesen weitgehend<br />
mit ausgestaltet. Dennoch werden diese<br />
kommunalen Maßnahmen oft nicht unter familienpolitischen<br />
Gesichtspunkten vorbereitet<br />
und abgewogen. Geschieht dies, dann kann —<br />
wie zahlreiche Beispiele im Handbuch zur örtlichen<br />
und regionalen Familienpolitik 1 ) zeigen —<br />
in den Feldern der Kommunalpolitik viel zur<br />
Förderung der Leistungsfähigkeit der Familien<br />
getan werden. Auch die freien Träger der Wohlfahrtspflege,<br />
Selbsthilfeinitiativen, Vermieter,<br />
Arbeitgeber und andere Akteure treffen ständig<br />
Entscheidungen in ihren jeweiligen Handlungsfeldern,<br />
die auf die Lebensbedingungen der<br />
Familien einwirken. Dieses Potential sollte für<br />
die Förderung der Familien genutzt werden.<br />
Zusätzliche Kosten müssen dadurch nicht entstehen,<br />
weil es sich um ohnehin beabsichtigte<br />
Maßnahmen handelt.<br />
Voraussetzung ist lediglich, daß die Querschnittsaufgabe<br />
Familienpolitik auf der kommunalen<br />
Ebene wirksam erfüllt werden kann.<br />
Eine so ausgewiesene und akzentuierte familien-<br />
und generationenorientierte Kommunalpolitik<br />
bietet, über die engeren Felder der Hilfe<br />
in Notlagen, der Kinderbetreuung usw. hinaus,<br />
zahlreiche Möglichkeiten für eine Gestaltung<br />
der Familienpolitik als örtliche und regionale<br />
Strukturpolitik. Sie kann die Maßnahmen des<br />
1 ) Vgl. Handbuch zur örtlichen und regionalen Familienpolitik.<br />
Schriftenreihe des Bundesministeriums für<br />
Familie und Senioren Bd. 5.1, Stuttgart, Berlin, Köln,<br />
1992.<br />
Kommunale<br />
Fa<br />
milienpo<br />
litik im<br />
eigenen<br />
Wirkungsbereich