Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
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Drucksache 12/7560<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode<br />
Abbildung II/4<br />
Der säkulare Abnahmetrend der Geburtenziffern<br />
im Deutschen Reich<br />
und in der Bundesrepublik Deutschland<br />
Quelle: Birg, HJKoch, H. 1987, S.84<br />
nen, der ein Wiederanstieg bis zum Geburtsjahr 1935<br />
und dann eine kontinuierliche Abnahme bis zur<br />
Gegenwart folgt. Die Schwankungen der aktuellen<br />
Werte pro Kalenderjahr korrelieren mit wirtschaftlichen<br />
Konjunkturen und zeitgeschichtlichen Ereignissen<br />
und dürften in einer Gesellschaft, für die Geburtenkontrolle<br />
selbstverständlich geworden ist, tendenziell<br />
stärker werden.<br />
Da im Gebiet der früheren Bundesrepublik die nichtehelichen<br />
Geburten stets einen nur vergleichsweise<br />
geringen Anteil ausmachten, kommt im Anstieg der<br />
Kohortenfertilität zwischen den Geburtsjahrgängen<br />
1920 und 1935 vor allem die hohe Heiratshäufigkeit<br />
dieser Geburtsjahrgänge zum Ausdruck. Der seither<br />
zu beobachtende weitere Rückgang der Kohortenfertilität<br />
ist einerseits durch eine Reduktion der Geburten<br />
dritter und höherer Ordnung und andererseits durch<br />
einen Rückgang der Heiratsneigung unter den jüngeren<br />
Kohorten und der damit einhergehenden zunehmenden<br />
Kinderlosigkeit zu erklären. Der Verdeutlichung<br />
dieses Zusammenhangs dient Tabelle II/1,<br />
welche allerdings nicht unmittelbar aus Daten der<br />
amtlichen Statistik gewonnen werden konnte: die<br />
Geburtenzählkarten der amtlichen Statistik erfassen<br />
nämlich den Rang der Geburten (erstes, zweites usw.<br />
Kind) nur bezogen auf die jeweilige Ehe, nicht auf die<br />
Gesamtheit der Geburten einer Frau. Voreheliche<br />
Geburten oder Kinder aus mehreren Ehen bleiben<br />
damit außer Betracht. Daraus resultiert in der amtliche<br />
Statistik eine Überschätzung der Zahl erster Kinder<br />
und eine Unterschätzung der Geburten höheren Ranges<br />
sowie der permanent kinderlos bleibenden<br />
Frauen. Aufgrund empirischer Erhebungen korrigierte<br />
Schätzwerte wurden von Birg u. a. (1990)<br />
errechnet.<br />
Wie Tabelle II/1 zeigt, hat sich der Anteil der dauerhaft<br />
kinderlos bleibenden Frauen vom Minimalwert<br />
um 1935 an verzweieinhalbfacht: 22,9 % des Geburtsjahrganges<br />
1958 bleiben voraussichtlich lebenslang<br />
kinderlos. Während vom Geburtsjahrgang 1935 mehr<br />
als ein Drittel aller Frauen drei und mehr Kinder zur<br />
Welt brachten, sind es heute nur noch 15,5 %. Am<br />
häufigsten haben Frauen zwei Kinder. Auffällig ist die<br />
Kontinuität des kohortenspezifischen Geburtenrückgangs<br />
auf nur noch 1,45 Kinder je Frau beim Geburtsjahrgang<br />
1958. Alles deutet gegenwärtig auf eine<br />
längerfristige Fortsetzung des Geburtenrückgangs<br />
hin.<br />
In der DDR hat es keine vergleichbare Zunahme der<br />
Kinderlosen gegeben. Vielmehr hatten über 90 %<br />
aller Frauen mindestens ein Kind. Seit der Vereinigung<br />
hat sich jedoch die Kinderzahl innerhalb von<br />
zwei Jahren halbiert (BiB-Mitteilungen vom 8. März<br />
1993, S. 7). Aller Voraussicht nach ist dieser extreme<br />
Rückgang eine vorübergehende Erscheinung, bedingt<br />
durch den Umbruch der Lebensverhältnisse. Es<br />
muß jedoch damit gerechnet werden, daß der Anteil<br />
der kinderlos Bleibenden bei den nachwachsenden<br />
Frauengenerationen in den neuen Bundesländern<br />
ebenfalls zunimmt.<br />
Verglichen mit anderen EG-Staaten hatten zuletzt nur<br />
Spanien und Italien noch geringere Fruchtbarkeitsziffern<br />
als die Bundesrepublik Deutschland. Seit Mitte<br />
der 70er Jahre fiel die Geburtenhäufigkeit im übrigen<br />
nicht nur in allen 12 EG-, sondern in den meisten der<br />
west- und osteuropäischen Staaten unter das Niveau<br />
der Bestandserhaltung (vgl. Tab. II/2).<br />
Tabelle II/1<br />
Entwicklung der paritätsspezifischen Kinderzahl nach den Geburtenjahrgängen 1935 bis 1958<br />
in den alten Bundesländern<br />
Geburtsjahrgänge<br />
der Frauen<br />
Von 1 000 Frauen haben im Verlauf ihres Lebens ... Kinder (‰)<br />
0 1 2 3 u. m.<br />
Zahl der Kinder auf<br />
1 000 Frauen<br />
1935 92 257 299 352 2 175<br />
1940 106 264 341 289 1 973<br />
1945 127 306 348 220 1 775<br />
1950 148 305 351 197 1 685<br />
1955 203 284 342 175 1 533<br />
1958 229 279 336 155 1 455<br />
Quelle: Birg u. a. 1990, S. 28 (Die Geburtenziffern bei den jüngeren Kohorten für die Jahre nach 1985 sind geschätzt.)