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Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> Bundestau — 12. Wahlperiode Drucksache 12/7560<br />

Unzureichend<br />

erfüllte<br />

Forderungen<br />

Höhere Priorität als den angesprochenen<br />

Aspekten kommt jedoch der Beseitigung wohnungspolitischer<br />

Defizite zu.<br />

3.2 Wohnungspolitische Defizite im<br />

vereinigten Deutschland aus<br />

familienpolitischer Sicht<br />

Obwohl seit mehr als 15 Jahren in wissenschaftlichen<br />

Veröffentlichungen und in den bisher<br />

vorgelegten <strong>Familienbericht</strong>en immer wieder<br />

familienpolitisch gravierende Defizite der Wohnungspolitik<br />

beklagt und Reformvorschläge<br />

gemacht worden sind, sind — aus der Sicht der<br />

Familien beurteilt — in der Wohnungsversorgung<br />

und in der Wohnungspolitik noch nicht<br />

genügend Fortschritte erzielt worden.<br />

In bezug auf die Wohnungsversorgung ist festzuhalten:<br />

1. Die vom Wissenschaftlichen Beirat für Familienfragen<br />

1974 abgeleiteten Anforderungen<br />

an ein familiengerechtes Wohnen sind<br />

nach wie vor unzureichend erfüllt (vgl. zu<br />

diesen Anforderungen BMJFG Beirat 1974,<br />

S. 26 ff.).<br />

2, Die 1975 im Zweiten <strong>Familienbericht</strong> festgestellte,<br />

mit wachsender Kinderzahl zunehmende<br />

Verfehlung der in den „Kölner Empfehlungen<br />

1971" genannten Wohnungsgrößen<br />

besteht im Grunde unverände rt weiter<br />

(vgl. dazu BMJFG 1975, S. 98 und Rojan-<br />

Sandvoss 1990).<br />

3. Nach wie vor am größten ist die Unterversorgung<br />

mit Wohnraum bei den Arbeiterfamilien<br />

(vgl. BMJFG 1975 und Siedt 1983,<br />

S. 964).<br />

4. Unterversorgt mit Wohnraum sind weiterhin<br />

junge Familien, unvollständige Familien,<br />

Mehrkinderfamilien und Familien ausländischer<br />

Arbeitnehmer (vgl. BMJFG 1975,<br />

S. 99 ff.; Wedel 1991; Bertram 1992).<br />

In bezug auf die Wohnungspolitik ist festzustellen:<br />

1. Der vor allem in den §§. 1 und 26 des<br />

Wohnungsbau- und Familienheimgesetzes<br />

(II. Wohnungsbaugesetz) eindeutig formulierte<br />

Vorrang der Förderung des familiengerechten<br />

Wohnens wird in der Wohnungsbauförderungspolitik<br />

unzureichend verwirklicht<br />

(Expertisen Nienhaus und Oberhauser).<br />

Dies zeigt sich erstens in einer im Vergleich<br />

zu anderen westeuropäischen Ländern niedrigeren<br />

Eigentumsquote, zweitens daran,<br />

daß die Einkommensgrenzen im sozialen<br />

Wohnungsbau seit 1980 unverändert gelten,<br />

so daß statt seinerzeit 70 % der Familien<br />

heute nur noch etwa 30 % begünstigt werden<br />

können und drittens an den völlig unzureichenden<br />

Familienzusatzdarlehen ( 2 000 DM<br />

für das erste, 4 000 DM für das zweite, 7 000<br />

für das dritte und 5 000 DM für jedes weitere<br />

Kind) .<br />

2. Bei der steuerlichen Förderung des Wohneigentums<br />

nach § 10e EStG treten für die<br />

unteren Einkommensschichten keine Entlastungseffekte<br />

ein, für die Bezieher mittlerer<br />

und höherer Einkommen sind die Entlastungseffekte<br />

umso größer, je größer das<br />

steuerpflichtige Einkommen ist, weil die<br />

Begünstigungsbeträge von der Steuerbemessungsgrundlage<br />

abgezogen werden und<br />

somit die Höhe der jeweiligen Grenzsteuersätze<br />

für die Steuerersparnis entscheidend<br />

ist. Dies ist familienpolitisch nicht nur nicht<br />

gerechtfertigt, sondern zielwidrig. Geradezu<br />

paradox ist es auch, daß für die Familien bei<br />

gleichem Einkommen die Entlastungen mit<br />

steigender Kinderzahl sinken. Die im Steueränderungsgesetz<br />

1992 eingeführten Begünstigungen<br />

im Rahmen des § 10e EStG entlasten<br />

Zwei-Kinder-Familien erst ab einem<br />

Jahreseinkommen von 48 000 DM. Die meisten<br />

Familien erreichen diese Einkommenshöhe<br />

nicht. Dies trifft vor allem für ostdeutsche<br />

Familien zu. Im übrigen setzen die<br />

Entlastungswirkungen bei Ledigen, Ehepaaren<br />

ohne Kinder und Ehepaaren mit einem<br />

Kind früher ein als bei Ehepaaren mit mehreren<br />

Kindern (Oberhauser/Rüsch 1992; Expertise<br />

Oberhauser).<br />

3. Das Baukindergeld, das von der Steuerschuld<br />

abgezogen wird, können nur Steuerzahler<br />

voll nutzen, die nach Abzug der Sonderausgaben<br />

und der Abzugsbeträge nach<br />

§ 10e EStG noch Steuern in Höhe des Baukindergeldes<br />

zu zahlen haben. Außerdem<br />

können die Erwerber von Wohneigentum<br />

das Baukindergeld umso weniger nutzen, je<br />

mehr Kinder sie haben, weil mit steigender<br />

Kinderzahl die Steuerschuld geringer wird.<br />

Kinderreiche Familien ohne Steuerschuld<br />

kommen überhaupt nicht in den Genuß des<br />

Baukindergeldes (Oberhauser/Rüsch 1992;<br />

Expertise Oberhauser).<br />

4. Bei den prämienbegünstigten Höchstbeträgen<br />

für das Bausparen wird die Kinderzahl<br />

nicht berücksichtigt.<br />

5. Auch bei der Gewährung eines verlorenen<br />

Zuschusses an Wohnungskäufer zur Förderung<br />

der Privatisierung des Wohnungsbestandes<br />

in den neuen Bundesländern in Höhe<br />

von maximal 7 000 DM für das erste und<br />

1 000 DM für jedes weitere Familienmitglied<br />

wird der mit steigender Zahl der Familienmitglieder<br />

verbundenen Verringerung des<br />

Pro-Kopf-Einkommens sowie dem steigenden<br />

Wohnraumbedarf nicht Rechnung getragen.<br />

-<br />

6. Beim Wohngeld werden die Aufwendungen<br />

für den Unterhalt von Kindern und der mit<br />

steigender Kinderzahl steigende Wohnraumbedarf<br />

ebenfalls nicht ausreichend berücksichtigt<br />

(BMJFG 1974, S. 87f.; Materialien<br />

zum Dritten <strong>Familienbericht</strong> 1979; Albers<br />

1990). Da bei der Ermittlung des Familieneinkommens<br />

zur Berechnung des Wohngeld-<br />

Entla<br />

stungsef<br />

fekt steigt<br />

mit Höhe<br />

des Einkommens<br />

Ungenügende<br />

Be<br />

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gung der<br />

Kinderzahl

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