Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode Drucksache 12/7560<br />
Belastung<br />
durch den<br />
Schulweg<br />
Erhöhung der pädagogischen Leistungsfähigkeit<br />
durch Jahrgangsgliederung, Fachunterricht,<br />
Mehrzügigkeit usw. Allerdings wurden in<br />
nicht wenigen Fällen durch zu große Schulzentren<br />
neue Probleme geschaffen.<br />
Auf der Basis der geburtenstarken Jahrgänge<br />
zielten die pädagogischen Konzepte der 60er<br />
und 70er Jahre überwiegend auf große Schulen.<br />
Nach dem Geburtenrückgang, bei annähernder<br />
Stagnation der Geburtenrate und vor der zu<br />
erwartenden weiteren Abnahme der Jahrgangsstärken<br />
(wenn die geburtenarmen Jahrgänge<br />
Eltern werden) darf die Steigerung der<br />
pädagogischen Leistungsfähigkeit nicht mehr<br />
an Schulgrößen orientiert werden. Weder die<br />
Wohnungsferne noch größere Schulen sind, von<br />
den menschlichen Bedürfnissen her gesehen, zu<br />
fordern. Wohnungsnähe und Erreichbarkeit<br />
sind als wichtige anthropologisch begründete<br />
Kriterien bei der Schulstandortbestimmung<br />
maßgeblich zu beachten.<br />
Der Schulweg ist für einen stark angestiegenen<br />
Anteil der Schüler und Schülerinnen zu einer<br />
bedeutenden Belastung geworden. Besonders<br />
gefährdet sind auf dem Schulweg die radfahrenden<br />
Schüler und Schülerinnen. Differenziert<br />
nach Schularten zeigt sich für das Gymnasium<br />
als jener Schulart der weiterführenden Schulen,<br />
die die größten Einzugsbereiche hat, auch die<br />
-<br />
höchste Schulwegunfallrate (vgl. Abb. IX/32).<br />
An der niedrigen Unfallrate der Sonderschüler,<br />
die ebenfalls Schulen mit sehr großen Einzugsbereichen<br />
besuchen, ist der Sicherheitseffekt<br />
ablesbar, der durch die dort übliche Busbeför-<br />
Abbildung IX/32<br />
Schüler und Schülerinnen, die 1987<br />
einen Verkehrsunfall bzw. einen<br />
Schulwegunfall hatten, nach Schulart, in %,<br />
westliche Bundesländer<br />
derung — oft von Haus zu Haus — erreicht wird.<br />
Der Preis sind allerdings die längsten Schulwegzeiten,<br />
denn die Sonderschüler befinden sich im<br />
Durchschnitt eine Stunde auf dem Schulweg.<br />
Die Bedingungen, unter denen in Gebieten mit<br />
extrem geringer Bevölkerungsdichte ein wohnortnahes<br />
Schulangebot geschaffen werden<br />
kann, haben durch die Vereinigung Deutschlands<br />
neues Gewicht erhalten. Große Gebiete<br />
des nordöstlichen Deutschlands haben eine<br />
Bevölkerungsdichte unter 50 Einwohner je<br />
qkm, was in den westlichen Bundesländern als<br />
Ausnahme nur für einen Landkreis (Lüchow<br />
Dannenberg) gilt (vgl. Kapitel II). Besonders in<br />
diesen Gebieten sind die bisher gängigen (westlichen)<br />
Richtwerte für Schulgrößen und Modelle<br />
der Schulorganisation in Frage zu stellen und<br />
passende zu entwickeln.<br />
Die Motivation des Kindes und Jugendlichen in<br />
Schule und Ausbildung beruht auf dem<br />
genauen Gekanntwerden und Anerkanntwerden<br />
durch Eltern, Lehrer und Ausbilder. Die<br />
überschaubare kleine Klasse und die eher<br />
kleine Schule (zum Beispiel das Konzept<br />
„Kleine Grundschule" in Niedersachsen) schaffen<br />
hierfür günstige pädagogische Bedingungen:<br />
Die Zusammenarbeit zwischen Schule und<br />
Familie wird gefördert; niemand kann in einer<br />
großen Zahl von Schülern, Lehrern und Eltern<br />
untertauchen.<br />
Einer weiteren Konzentration der Bildungsinfrastruktur<br />
kann energisch entgegengetreten<br />
werden, denn die Größen von Schulen, Klassen<br />
und Lehrerkollegien sind variabel. Daher ist<br />
ihre Differenzierung unter pädagogischen und<br />
örtlichen Gesichtspunkten möglich und notwendig.<br />
Neue Daten (Schuljahr 1990/91) deuten<br />
darauf hin, daß die Welle der Schulschließungen<br />
abgeebbt ist, da die Zahl der allgemein<br />
bildenden Schulen wieder leicht angestiegen<br />
ist.<br />
Mit weiteren Veränderungen des Schulstandortsystems<br />
ist dennoch zu rechnen. So wird die<br />
Entwicklung zum zweigliedrigen Schulwesen<br />
die Annäherung der Zahlen der Hauptschulund<br />
der Realschulstandorte fortsetzen. Bei den<br />
Grundschulen ist dagegen überall zu prüfen, ob<br />
die Konzentration über ein vertretbares Ziel<br />
hinausgegangen ist. Dort, wo es notwendig ist,<br />
sollte die Bestimmung neuer Grundschulstandorte<br />
oder die Wiederbelebung einst geschlossener<br />
Grundschulen nachdrücklich angestrebt<br />
werden. Gerade bei Kindern im Grundschulalter<br />
ist zu beachten, daß sie ihre sozialräumliche<br />
Lebenswelt nur schrittweise erschließen können.<br />
Durch Busbeförderung wird dieses Erobern<br />
sehr erschwert.<br />
Auf die verschiedenen Abschlüsse der allgemeinbildenden<br />
Schulen müssen in jeder Region<br />
Angebote der beruflichen Bildung aufbauen.<br />
Die Leitvorstellung der spezialisierten Berufsausbildung<br />
hat zur Folge, daß in der Bundesrepublik<br />
unter rund 380 Ausbildungsberufen<br />
Angebote<br />
der beruflichen<br />
Bildung