Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode Drucksache 12/7560<br />
1957<br />
bis 1966<br />
Geborene<br />
1947<br />
bis 1956<br />
Geborene<br />
aber auch konfrontiert mit erheblichen Problemen<br />
bei der Wohnungssuche, hohen Mieten,<br />
Sparmaßnahmen, wachsenden Umweltsorgen<br />
und politischen Auseinandersetzungen zwischen<br />
rechten Gruppen ihrer Altersjahrgänge<br />
und Ausländern. Sie erlebten als junge Leute<br />
zwischen 14 und 23 Jahren die Vereinigung<br />
Deutschlands. Ihre Erfahrungen und Kenntnis<br />
der ganz anderen Lebensgeschichten und<br />
Lebenslagen der Menschen in den neuen Bundesländern<br />
sind unterschiedlich, aber im allgemeinen<br />
gering.<br />
Die Altersgruppe der 1957 bis 1966 Geborenen,<br />
die 1993 zwischen 27 und 36 Jahre alt ist und<br />
derzeit im Alter der Familiengründungs- und<br />
Aufbauphase der Familie steht, profitierte ganz<br />
selbstverständlich von der Wohlstandsentwicklung<br />
und Bildungsexpansion in den 60er und<br />
70er Jahren der Bundesrepublik. Sie mußte und<br />
muß jedoch mit Eintritt in das Erwerbsleben in<br />
den späten 70er und 80er Jahren und in der<br />
Familiengründungs- und Aufbauphase — dem<br />
Leben mit Klein- und Vorschulkindern — mit<br />
erheblichen Schwierigkeiten bei der Ausbildungsplatz-,<br />
Arbeitsplatz- und Wohnungssuche<br />
fertig werden. Sie wird konfrontiert mit nach wie<br />
vor fehlenden Kinderkrippen- und Kindergartenplätzen,<br />
wirtschaftlichen Wachstumskrisen<br />
und zunehmenden Umweltbelastungen, mit<br />
politischen Umorientierungsprozessen sowie<br />
mit einem neuartigen Radikalismus.<br />
Durch ihre Herkunftsfamilien geprägt, ist diese<br />
Altersgruppe an ein vergleichsweise hohes<br />
Wohlstandsniveau und gesichertes Alltagsleben<br />
gewöhnt. Sie kann, ohne soziale Sanktionen<br />
zu erfahren, unterschiedliche Lebensformen<br />
und Lebensstile praktizieren. Sie muß<br />
allerdings auch in zunehmender Weise erfahren,<br />
und dies betrifft vornehmlich die Alleinerziehenden<br />
und Erwerbspersonen mit geringen<br />
Ausbildungsprofilen sowie nicht wenige Scheidungsfamilien,<br />
daß die Wohlfahrt nicht für alle<br />
Lebensformen in gleicher Weise gesichert ist<br />
und daß immer mehr junge Familien eine<br />
soziale Deklassierung und/oder Sozialhilfebedürftigkeit<br />
hinnehmen müssen.<br />
Die Altersgruppe der 1947 bis 1956 Geborenen,<br />
die 1993 zwischen 37 und 46 Jahre alt ist und in<br />
der Mehrzahl die Familien mit Kindern im<br />
Schul- und Ausbildungsalter bildet, hat die<br />
eigene Kindheit und Jugendzeit in der Zeitspanne<br />
des sogenannten „Wirtschaftswunders"<br />
und der relativen „Friedenszeit des kalten Krieges"<br />
erlebt. Diese Altersgruppe stellte die jungen<br />
Erwachsenen der 68er Studierendengeneration.<br />
Sie erlebte die vielfältigen Varianten<br />
linker Aufmüpfigkeit und gesellschaftskritischer<br />
Bewegungen, ohne selbst die eigentlich<br />
tragende „68er Generation" zu sein. Sie selbst<br />
konnten sich beruflich und gesellschaftlich integrieren,<br />
bevor Wohnungsnot und Umweltängste<br />
erwuchsen und Arbeits-, Ausbildungs- und<br />
Studienplätze knapp wurden. Sie — vor allem<br />
die jungen Frauen — erlebten den Wandel des<br />
dominanten gesellschaftlichen Leitbildes der<br />
Frau von der „Nur-Hausfrau" zur „erwerbstätigen<br />
Frau" sowie den Wertewandel vom „ Kernfamilienzentrismus<br />
" zur Akzeptanz pluraler<br />
familialer Lebensformen.<br />
Diese Altersjahrgänge müssen sich mit hohen<br />
Leistungsansprüchen an Bildung und Erziehung,<br />
hohen Erwartungen an Selbstverwirklichung<br />
und persönliche Lebensstilen auseinandersetzen.<br />
Sie werden auch zunehmend mit<br />
den damit verknüpften Widersprüchen, Konflikten<br />
und Krisen im familialen Alltagsleben<br />
konfrontiert. Überhöhte Glücks-, Sicherheitsund<br />
Wohlfahrtserwartungen führen zu tiefen<br />
Enttäuschungen und Brüchen, vor allem wenn<br />
Männer und Frauen in der Pa rtnerschaft unterschiedliche<br />
Hoffnungen und Erwartungen haben<br />
und sich diese nicht erfüllen.<br />
Die Altersgruppe der 1937 bis 1946 Geborenen,<br />
die 1993 zwischen 47 und 56 Jahre alt ist, stellt<br />
die Familien im „mittleren Alter" . Die Kinder<br />
dieser Altersgruppe sind 1993 in der Ausbildung<br />
bzw. im Begriff, sich im Beruf zu etablieren<br />
und die eigene Familiengründungsphase<br />
in Angriff zu nehmen. Die Eltern dieser<br />
Kohorte stellen die Generation der Ältesten dar.<br />
Im Vergleich zu den jungen erwerbstätigen<br />
Altersgruppen ist diese ältere, erwerbstätige<br />
„Kriegskindergeneration" noch im Zeitalter traditioneller<br />
Frauen- und Familienleitbilder herangewachsen.<br />
Sie hatten die „Trümmerfrauen"<br />
als Mütter und sehr oft Kriegsteilnehmer als<br />
Väter. Sie stellten die tragende aufmüpfige,<br />
berufsorientierte 68er Generation, so sie die<br />
Chance zu studieren hatten. Zu dieser Altersgruppe<br />
gehören auch jene Frauen, die sich nicht<br />
der Herausforderung zur Emanzipation von traditionellen<br />
Frauenleitbildern stellen wollten<br />
oder nicht konnten. Die Emanzipationsbewegung<br />
der Frauen hat den Frauen erhebliche<br />
Freiheiten in der persönlichen Lebensgestaltung<br />
und öffentlichen Mitbestimmung erstritten,<br />
ohne diese Optionen, wie die jüngeren<br />
Jahrgänge, auch schon konfliktfrei leben zu<br />
können. Diese Frauenaltersgruppe hatte viele<br />
Chancen, sich beruflich und gesellschaftlich zu<br />
integrieren und so an der allgemeinen Wohlstandsentwicklung<br />
teilzunehmen. Allerdings<br />
hatte sie wie keine andere Generation die<br />
Widersprüche des Umbruchs im familialen Alltagsleben<br />
zu ertragen. Dies gilt — wie stets —<br />
vor allem für verheiratete Frauen und Mütter.<br />
Die Altersgruppe der 1927 bis 1936 Geborenen,<br />
die 1993 zwischen 57 und 66 Jahre alt ist, hat die<br />
Ausbildungs- und Erwerbszeit sowie die famili<br />
ale Lebensplanung noch nahezu uneingeschränkt<br />
in traditionellen bürgerlichen Leitbildvorstellungen<br />
durchlaufen. Die Bildungsexpansion<br />
der 60er Jahre betraf sie nicht mehr. Allerdings<br />
führte der leergefegte Arbeitsmarkt zu<br />
einer Aufweichung des „Nur-Hausfrauen-<br />
Daseins" und auch zu einer steigenden Akzeptanz<br />
der Erwerbstätigkeit verheirateter Frauen<br />
und Mütter. 1990 waren nur noch 39 % der unter<br />
1937<br />
bis 1946<br />
Geborene<br />
1927<br />
bis 1936<br />
Geborene