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Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode Drucksache 12/7560<br />

Steuerfrei<br />

heit des<br />

Existenz<br />

minimums<br />

here Bausparprämien und Baukindergeld; f a-<br />

milienorientierte Förderung der Vermögensbildung;<br />

Ausbildungsförderungsleistungen im<br />

Rahmen des Arbeitsförderungsgesetzes und des<br />

Bundesausbildungsförderungsgesetzes; familienbezogene<br />

Leistungen bei der Besoldung im<br />

öffentlichen Dienst; schließlich auf Länderebene<br />

Familiendarlehen.<br />

Es ist unschwer zu erkennen, daß diese Leistungen<br />

dazu dienen, jene Lasten von Familien zu<br />

verringern, die in Form von vergleichsweise<br />

geringerem verfügbaren Einkommen, erhöhten<br />

Wohnkosten, Kosten der Aus- und Fortbildung<br />

sowie verringerter Fähigkeit zur Vermögensbildung<br />

auftreten. Die Frage, ob und inwieweit<br />

die Summe dieser Transfers nach A rt und Höhe<br />

einen effizienten Familienlastenausgleich darstellt,<br />

muß hier offen bleiben. Festzuhalten ist<br />

jedoch, daß Bewertungen des Familienlastenausgleichs,<br />

die nur auf den Familienlastenausgleich<br />

im engeren Sinn gerichtet sind, d. h. den<br />

dualen, aus Einkommensteuerfreibeträgen und<br />

aus dem Kindergeld bestehenden Familienlastenausgleich,<br />

lediglich zu Aussagen über die<br />

Qualität dieser Instrumentenkombination führen<br />

können, nicht jedoch zu Aussagen über die<br />

Angemessenheit und Qualität des Familienlastenausgleichs<br />

im weiteren Sinne, wie er durch<br />

die obige Mittelaufzählung umrissen worden<br />

ist.<br />

4.3 Welche familienpolitischen Transfers<br />

können als Familienlastenausgleichs<br />

Leistungen angesehen werden?<br />

Die Frage, welche der familienbezogenen<br />

Transfers als Familienlastenausgleichsleistungen<br />

angesehen werden können, ist für die<br />

Beurteilung der Familienpolitik von großer<br />

Bedeutung. Dies ist blitza rtig erhellt worden, als<br />

die familienorientierte Steuerpolitik, konkreter:<br />

die Höhe der Steuerfreibeträge vom Bundesverfassungsgericht<br />

in zwei Urteilen des Jahres 1990<br />

auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen<br />

war (vgl. dazu den Beschluß des Ersten Senates<br />

vom 29. Mai 1990 und vom 12. Juni 1990).<br />

Bis zu dieser Überprüfung waren die Steuerfreibeträge<br />

für Kinder mit Ausnahme einiger weniger<br />

Verfassungs- und Steuerrechtler sowie einiger<br />

Familienpolitiker überwiegend als eine<br />

Steuerbegünstigung der Familien und als<br />

wesentliches Element des Familienlastenausgleichs<br />

klassifiziert worden. Das Bundesverfassungsgericht<br />

stellte in den genannten Urteilen<br />

jedoch fest, daß der Staat das Einkommen des<br />

Steuerpflichtigen insoweit steuerfrei belassen<br />

muß, als es zur Sicherung eines Existenzminimums<br />

benötigt wird und daß daher bei der<br />

Besteuerung einer Familie das Existenzminimum<br />

sämtlicher Familienmitglieder, also auch<br />

der Kinder, steuerfrei bleiben muß. Es stellte<br />

ferner fest, daß mindestens seit 1983 die jeweils<br />

geltenden Steuerfreibeträge für Kinder zusammen<br />

mit dem steuerlichen Äquivalent des Kin<br />

dergeldes dieser Forderung nicht genügten, daß<br />

also die Familienbesteuerung jahrelang nicht<br />

verfassungskonform war. Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts<br />

machen ersichtlich:<br />

1. Die Familien haben jahrelang Milliardenbeträge<br />

zu viel Steuern abgeführt. Allein für<br />

das Jahr 1989 errechnet sich für die vollständigen<br />

Ein- und Zweikinderfamilien (mit Kindern<br />

unter 18 Jahren) eine Summe von rund<br />

11 Milliarden zuviel erhobener Steuern (vgl.<br />

zur Ermittlung dieser Summe Anlage 1).<br />

2. Kindersteuerfreibeträge in einer Höhe, die<br />

dem sozialkulturellen Existenzminimumaufwand<br />

entsprechen, sind keine Leistung des<br />

Familienlastenausgleichs, weil sie nur unbesteuert<br />

lassen, was aus Gründen der Steuergerechtigkeit,<br />

d. h. entsprechend dem Prinzip<br />

der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit,<br />

unbesteuert bleiben muß (vgl. dazu<br />

auch Oberhauser 1989, S. 37). Daß Steuerfreibeträge,<br />

die nicht über dem Existenzminimumaufwand<br />

liegen, keinen Familienlastenausgleich<br />

darstellen, wird insbesondere auch<br />

daran erkennbar, daß solche Freibeträge nur<br />

dann einkommenswirksam werden können,<br />

wenn das Einkommen einer Familie mindestens<br />

der Summe der Existenzminima aller<br />

Familienmitglieder entspricht.<br />

3. Soweit das Erwerbs- und Vermögenseinkommen<br />

einer Familie nicht mindestens der<br />

Summe der Existenzminima der Familienmitglieder<br />

entspricht, ist es geboten, die<br />

Lücke zwischen dem Existenzminimumeinkommen<br />

und dem tatsächlichen Einkommen<br />

durch Sozialleistungen zu schließen.<br />

4. Von einem Ausgleich von Lasten zwischen<br />

Gesellschaftsmitgliedern mit Kindern und<br />

ohne Kinder kann sinnvoll erst dann gesprochen<br />

werden, wenn durch diese Transfers<br />

eine relative Besserstellung der Familien<br />

oberhalb des Familienexistenzminimums im<br />

Vergleich zu kinderlosen Gesellschaftsmitgliedern<br />

erfolgt. Eine solche Besserstellung<br />

der Familien gegenüber kinderlosen Steuerpflichtigen<br />

hat — entgegen offiziellen Verlautbarungen<br />

der Bundesregierung — auch<br />

die Steuerreform der Jahre 1986 bis 1990<br />

nicht gebracht (vgl. dazu BMJFFG 1988;<br />

Schnabel 1989; Kasella/Spahn 1991). Transfers<br />

an Familien, die der Sicherung des<br />

Existenzminimums dienen, sind daher kein<br />

Bestandteil eines Familienlastenausgleichs,<br />

sondern Sozialleistungen. So ist wohl auch<br />

der Hinweis des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts,<br />

Roman Herzog, zu verstehen,<br />

der in bezug auf die erwähnten Ver-<br />

-<br />

fassungsgerichtsurteile meinte: „Es gibt viele<br />

objektive Betrachter, die davon ausgehen,<br />

daß der Familienlastenausgleich schon seit<br />

Jahrzehnten seinen Funktionen nicht mehr<br />

gerecht wird. Ich habe das nicht zu beurteilen,<br />

füge aber hinzu, daß das Bundesverfassungsgericht<br />

naturgemäß nur die untersten<br />

Grenzen des gerade noch Akzeptablen<br />

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