Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
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Personalsituation<br />
der Ämter<br />
Hand<br />
lungsan<br />
sätze im<br />
Zusammenhang<br />
mit Gesetzen<br />
und<br />
Verwal<br />
tungsvor<br />
schriften<br />
Drucksache 12/7560<br />
— auf eine räumliche Verkleinerung der Wartezonen<br />
durch eine Dezentralisierung der<br />
Wartebereiche in den Ämtern oder sogar<br />
— auf eine zeitliche Entzerrung der Besucherströme<br />
mit der Folge kürzerer Wartezeiten<br />
und ebenfalls weniger überfüllter Wartezonen<br />
hinauslaufen. Dazu könnte gehören, für<br />
Mütter und Väter mit Kleinkindern besondere<br />
Sprechzeiten (nach Vereinbarung) anzubieten.<br />
— Weiterhin sind auch unter datenschutzrechtlichen<br />
Aspekten räumliche Voraussetzungen<br />
für Einzelberatungsgespräche zu schaffen,<br />
damit Publikumsverkehr in Büroräumen<br />
mit mehreren Arbeitsplätzen vermieden<br />
werden kann.<br />
Andere Handlungsansätze ergeben sich mit<br />
Blick auf die Personalsituation der Ämter. Dabei<br />
geht es nicht nur (aber auch) um die quantitative<br />
Seite der Kapazitäten, sondern ebenso um Fragen<br />
der materiellen und immateriellen Leistungsanerkennung,<br />
der Leistungsmotivation,<br />
der Verminderung der Fluktuation und der<br />
verstärkten Qualifikation.<br />
— Unter den Expertinnen und Experten gilt es<br />
als besonders dringend, das Image der mit<br />
Transferleistungen befaßten Ämter, hier vor<br />
allem der Sozialämter, zum Beispiel durch<br />
finanzielle Zulagen, eine höhere stellenmäßige<br />
Bewertung sowie durch Aufstiegsmöglichkeiten<br />
zu verbessern. Damit würde<br />
zumindest ein größerer Teil der gegenwärtigen<br />
Personalfluktuation gestoppt werden<br />
können, die auf Dauer einen erhöhten fachlichen<br />
Qualifizierungsaufwand bzw. eine<br />
Verringerung der Arbeitsqualität bedeutet.<br />
— Ein erhöhter Qualifizierungsaufwand ergibt<br />
sich auch vor allem in psychologischer Hinsicht.<br />
Hier wird angeregt, sowohl die in den<br />
Ämtern tätigen Menschen regelmäßig weiterzubilden<br />
als auch den Verwaltungsnachwuchs<br />
praxisnäher auszubilden, d. h. stärker<br />
als bisher auf den psychologischen Umgang<br />
mit Antragstellerinnen und Antragstellern<br />
vorzubereiten und mögliche Konfliktsituationen<br />
bereits während der Ausbildung zu<br />
trainieren.<br />
— In bezug auf die Verwaltungsstrukturen ist<br />
schließlich die Verteilung von Verantwortlichkeiten<br />
weniger hierarchisch zu regeln.<br />
Das setzt einen entsprechenden, fachlich<br />
qualifizierten Mitarbeiterstamm und geringere<br />
Fluktuation voraus.<br />
Insbesondere Gesetze müssen, wenn es um die<br />
Definition von Anspruchsberechtigten und Leistungsvoraussetzungen<br />
geht, (ideal-)typische<br />
Situationen und Wirkungsannahmen zugrunde<br />
legen. Ein solcher Anspruch ist jedoch in der<br />
täglichen Praxis meist eine Fiktion. Eine Konsequenz<br />
aus der Diskrepanz zwischen Anspruch<br />
und Realität wäre, auch im Falle von Sozialhilfeleistungen<br />
schon das Antragsprinzip einzu<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode<br />
führen. Dies würde erfordern, schon im Vorfeld<br />
einer möglichen Inanspruchnahme so umfassend<br />
zu informieren, daß bei Eintreten einer<br />
Notlage die Rechte auch tatsächlich erkannt<br />
und eingefordert werden können.<br />
Sollte allerdings die derzeitige Regelung bestehen<br />
bleiben, dann müssen die Voraussetzungen<br />
verbessert werden, z. B. indem über eine vermehrte<br />
Dezentralisierung der Sozialhilfe und<br />
eine Verstärkung der „zugehenden Beratung"<br />
nachgedacht wird.<br />
— Die Diskussion um die Dezentralisierung der<br />
Sozialhilfedienststellen wird gegenwärtig<br />
weitgehend nur unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit<br />
der Verwaltungsstruktur geführt.<br />
Eine Dezentralisierung der Sozialhilfe<br />
würde jedoch wesentlich dazu beitragen,<br />
den Kontakt zu den betroffenen Familien<br />
und damit die Kenntnis der Lebenssituation<br />
und lebensräumlichen Eingebundenheit der<br />
Rat- und Hilfesuchenden nachhaltig zu verbessern.<br />
Dezentrale Strukturen würden es<br />
erleichtern, Notlagen zu erkennen, zwischen<br />
berechtigten und unberechtigten Ansprüchen<br />
zu unterscheiden sowie dem präventiven<br />
Auftrag des BSHG Rechnung zu tragen.<br />
— Die Intensivierung „Zugehender Beratung"<br />
hat zum Ziel, Menschen, die nicht gelernt<br />
haben, sich zu artikulieren oder mit den<br />
Verwaltungsstrukturen umzugehen, aktiv<br />
anzusprechen und über ihre Rechte zu informieren.<br />
Zugehende Beratung soll potentiell<br />
Hilfebedürftige darauf vorbereiten, Hilfe<br />
überhaupt annehmen zu können. Der hohe<br />
Anteil „versteckter" oder „verschämter" (Alters-)Armut<br />
zeigt, daß bei der Umsetzung des<br />
gesetzlichen Auftrags Lücken geschlossen<br />
werden müssen.<br />
Weitere Beispiele für Handlungsansätze sind:<br />
— Die in unterschiedlichen Gesetzen oder Verwaltungsvorschriften<br />
aus Gründen der sozialen<br />
Gerechtigkeit unterschiedlich definierten<br />
Einkommensbegriffe und/oder ihre<br />
Nachweismethoden sind ein Beispiel für<br />
„gute Absichten" auf der Ebene des Gesetzgebers,<br />
aber für „problematische Wirkungen"<br />
auf der Ebene von Ämtern und Familien.<br />
Daher hat der Vorschlag, den Einkommensbegriff<br />
zu vereinheitlichen, eine der<br />
höchsten Zustimmungen in der Befragung<br />
der Fachleute überhaupt gefunden.<br />
— Beim Austausch leistungsbegründender Da-<br />
-<br />
ten zwischen Ämtern sehen einige Ämter<br />
selbst dann datenschutzrechtliche Probleme,<br />
wenn die betroffenen Familien ihr Einverständnis<br />
geben würden. Es wäre daher zu<br />
überlegen, die Möglichkeiten des Datenaustausches<br />
unter bestimmten Voraussetzungen<br />
in die gesetzlichen Regelungen einzubeziehen<br />
und so die offensichtlich bestehende<br />
Rechtsunsicherheit zu beseitigen.<br />
Verein<br />
heitli<br />
chung des<br />
Einkom<br />
mens<br />
begriffs<br />
Datenaustausch<br />
zwischen<br />
Ämtern