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Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

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Die Situa<br />

tion der<br />

Älteren in<br />

den neuen<br />

Bundes<br />

ländern<br />

Drucksache 12/7560<br />

Alterssicherung mehr und mehr Rentner und<br />

Rentnerinnen einen vergleichsweise wohlhabenden<br />

Ruhestand genießen. Mit einem derzeit<br />

noch weniger hohen Alter sversicherungsniveau<br />

müssen sich die Rentnerinnen und Rentner in<br />

den neuen Bundesländern begnügen. Zwar<br />

wurden im Zuge der Realisierung des Artikel 20<br />

des Staatsvertratges zur Währungs-, Wi rt<br />

-schafts- und Sozialunion, der die Übertragung<br />

des westdeutschen Rentenversicherungsrechts<br />

auf die neuen Bundesländer vorsieht, für die<br />

überwiegende Zahl der Rentenbezieher die<br />

Altersruhegelder in mehreren Schritten und in<br />

jeweils beachtlichem Umfang erhöht. Das Endziel<br />

der Rentenversicherungspolitik, die Gleichstellung,<br />

ist jedoch noch nicht erreicht. Am<br />

1. Juli 1993 betrug die sog. „Eckrente", d. h. die<br />

Rente für einen Arbeitnehmer mit 45 Versicherungsjahren<br />

und dem Durchschnittsverdienst<br />

der Arbeitnehmer, 72,7 % der westdeutschen<br />

Eckrente. Vom Beginn der Rentenangleichung<br />

am 30. Juni 1990 bis zum 1. Januar 1993 sind die<br />

Versichertenrenten jedoch real um 109,9 %<br />

gestiegen, so daß Andel (1993, S. 42) mit Recht<br />

feststellt, daß die Rentner und Rentnerinnen in<br />

den neuen Bundesländern überwiegend zu den<br />

Gewinnern der Wiedervereinigung gehören,<br />

zumal durch Übergangsregelungen, die auf<br />

dem Prinzip der Besitzstandswahrung und des<br />

Vertrauensschutzes beruhen, Leistungsverschlechterungen<br />

fast völlig vermieden werden<br />

konnten. Allerdings haben administrativ bedingte<br />

Schwierigkeiten bei der Neuberechnung<br />

und bei der Auszahlung der Renten sowie die<br />

für die Rentnerinnen und Rentner in der Regel<br />

nicht durchschaubare rechtliche Situation zunächst<br />

Verunsicherung geschaffen.<br />

Die Rentnergenerationen in den neuen Bundesländern,<br />

die zu keiner Zeit Vermögen und<br />

Privateigentum bilden konnten, dürften jetzt<br />

allerdings in der Mehrzahl nicht mehr in der<br />

Lage sein, Privateigentum zur Alterssicherung<br />

zu bilden, zumal Entschädigungen für Enteignungen,<br />

Rückübertragungen von Haus- und<br />

Grundeigentum in der Mehrzahl der Fälle Investitionsmittel<br />

erfordern, deren Einsatz nur für<br />

eine jüngere Generation ökonomisch sinnvoll<br />

ist. Sie sind folglich auf ein Angebot von Mietwohnungen<br />

angewiesen, das für ihre Rentenbezüge<br />

auch bezahlbar ist. Hier liegen die größten<br />

Ängste und Unsicherheiten für die älteren Familien.<br />

Forschungen zeigen jedoch, daß die Rentnergenerationen<br />

in den neuen Bundesländern<br />

weniger von Orientierungslosigkeit, Enttäuschung<br />

und Resignation betroffen sind als jüngere<br />

Jahrgänge.<br />

Die finanziellen Transfers und Unterstützungen<br />

sind nur die eine Seite des Alltagslebens der<br />

älteren Generationen, die andere ist die soziale<br />

Integration. Der Zusammenbruch aller Organisationen<br />

und Betriebe, die in der DDR auch für<br />

die Altenarbeit verantwortlich waren, läßt hier<br />

— wie bei den Kinder- und Jugendbetreuungen<br />

— ein Vakuum zurück. Inwieweit die Älteren<br />

selber oder der auch hier sofort auftauchende<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode<br />

Kommerz im Stil der „Kaffeefahrten" und „Billigreisen"<br />

sowie die Altenpolitik von Kommunen<br />

und Ländern Lücken schließen werden,<br />

wird sich zeigen. Der Aufbau neuer Strukturen<br />

der Alten- und Behindertenhilfen kostet Geld,<br />

bedarf sozialer Verantwortung, Solidarität und<br />

politischen Gestaltungswillens.<br />

Das Schicksal der älteren Familien in den neuen<br />

Bundesländern wird sich je nach der individuellen<br />

Leistungskraft der sozialen und familialen<br />

Unterstützungen und gegenseitigen Hilfestellungen,<br />

welche die Älteren erfahren bzw. noch<br />

leisten können, sehr unterschiedlich entwikkeln.<br />

5. Aufgaben und Asymmetrien<br />

in der privaten Daseinsvorsorge<br />

In jeder Gesellschaft ist das Zusammenspiel der<br />

öffentlich und privat zu organisierenden Daseinsvorsorge<br />

sowie die Verantwortung für dieselbe<br />

unterschiedlich geregelt.<br />

Vor allen Dingen sind die beiden Geschlechter<br />

und die Kinderhabenden und Nichtkinderhabenden<br />

daran unterschiedlich beteiligt und oft<br />

genug nicht nur unterschiedlich, sondern deutlich<br />

mit einer Überbeanspruchung derer, die<br />

Kinder aufziehen.<br />

Besonders spürbar erleben dies zur Zeit die<br />

Familien mit Kindern in den neuen Bundesländern.<br />

Zu Zeiten der DDR waren sie fast vollständig<br />

entlastet von den Alltagssorgen um die<br />

Betreuung ihrer Kinder. Die materielle Versorgung<br />

war etwa nur zu einem Viertel privat zu<br />

tragen, während sich das Verhältnis der Aufwendungen<br />

für die Kinder nach der Wende<br />

annähernd umgekehrt hat. Die p rivaten Leistungen<br />

für die nachwachsende Generation<br />

werden in der Bundesrepublik Deutschland vor<br />

allem den Eltern auferlegt, die öffentlichen<br />

Haushalte übernehmen den Rest, die private<br />

Wirtschaft nichts, was der Erwähnung wert<br />

wäre. Für die Organisation und Finanzierung<br />

der Betreuung der Kinder müssen die Eltern<br />

weitgehend selber Sorge tragen.<br />

Die Leistungen der Familienhaushalte zur<br />

Reproduktion des gesellschaftlichen Human<br />

ermögens bestehen jedoch nicht nur aus der<br />

Übernahme dieser „Kinderkosten", wenn diese<br />

auch im Vordergrund stehen.<br />

Als Aufgaben der privaten Daseinsvorsorge —<br />

der privaten Haushalte — sind zu nennen.<br />

-- die Bereitschaft zur Übernahme von Elternschaft<br />

und die damit verknüpfte Verantwortung<br />

für die Sicherung von Versorgung,<br />

Pflege, Erziehung und Ausbildung der Kinder,<br />

aber auch der Übernahme von Unterhaltsverpflichtungen<br />

gegenüber Eltern;<br />

— die Sorge um die tägliche Wiederherstellung<br />

von Fitneß, Gesundheit und Leistungsbereitschaft<br />

aller Familienmitglieder;<br />

-<br />

Belastungen<br />

für<br />

ostdeutsche<br />

Familien<br />

-v<br />

Aufgaben,<br />

Ressourcen<br />

und<br />

Ziele der<br />

privaten<br />

Daseinsvorsorge

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