Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
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Drucksache 12/7560<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode<br />
III. Berichtsergebnisse im Überblick<br />
Das Kapitel „III Berichtsergebnisse im Überblick"<br />
dient der Orientierung für den schnellen Leser und zur<br />
Motivation für alle, auch jene Sachkapitel des Fünften<br />
<strong>Familienbericht</strong>s zu studieren, die verstärkt Politikbereiche<br />
anderer Ressorts oder der Länder und Kommunen<br />
betreffen.<br />
Die Grundsatzkapitel „I Familie und Gesellschaft"<br />
und „II Grunddaten zu Bevölkerung, Familien<br />
und Privathaushalten" sowie das Schlußkapitel<br />
„XII Schutz und Förderung der Familie als politischer<br />
Auftrag" bilden den Rahmen für die Darstellung der<br />
Sachprobleme in den Kapiteln IV bis XI, deren Anliegen<br />
hier knapp gefaßt dargelegt werden.<br />
Die Rahmenkapitel erläutern die Prinzipien und<br />
Grundvorstellungen und liefern Fakten und Begründungen<br />
für die politisch notwendige „neue Familienorientierung"<br />
aller Politiken in unserem Lande.<br />
Das Übersichtskapitel III schließt an der letzten der<br />
zehn Thesen aus dem Kapitel I zu den normativen und<br />
faktischen Grundvorstellungen der <strong>Familienbericht</strong>skommission<br />
zur Familienpolitik an. Diese These lautet:<br />
„Familienpolitik muß daher sowohl im Bereich der<br />
Legislative als auch der Exekutive, und zwar auf<br />
Bundes-, Landes- und Gemeindeebene als gesellschaftliche<br />
Strukturpolitik und im Zusammenwirken<br />
mit den Tarifpartnern und den Trägern der verschiedenen<br />
sozialen Dienstleistungen konzipiert werden.<br />
Sie kann nicht als politische Aufgabe eines einzelnen<br />
Ressorts verstanden und betrieben werden. Die auf<br />
Familienfragen spezialisierten politischen Akteure —<br />
vor allem im administrativen Sektor müssen Einflußmöglichkeiten<br />
erhalten, um auch als familienpolitisches<br />
,Gewissen' der übrigen Fachpolitiken wirksam<br />
werden zu können. "<br />
Aus dieser Grundvorstellung über die Aufgaben von<br />
Familienpolitik heraus läßt sich leicht folgern, daß in<br />
den Parlamenten und Regierungen insbesondere des<br />
Bundes, aber auch der Länder und Kommunen,<br />
sowohl die in Familienpolitik Engagierten angesprochen<br />
werden sollen als auch Verantwortungsträger<br />
und Entscheidungsträgerinnen nahezu aller anderen<br />
Ressorts. Üblicherweise interessieren sich Fachvertreter<br />
anderer Ressorts oder politischer Institutionen<br />
kaum für <strong>Familienbericht</strong>e. Sie halten sich als Spezialisten<br />
für andere Sachgebiete nicht für zuständig und<br />
für nicht kompetent in familienpolitischen Sachbereichen.<br />
Diese bedauerliche, wenn auch von der Sache<br />
her verständliche Inkompetenz von Spezialisten ist<br />
die eigentliche Ursache der unbeachtet bleibenden<br />
Folgen von Maßnahmen in gesellschaftlichen Teilsystemen<br />
für Familien, deren Alltagsleben mit allen<br />
Teilsystemen der Gesellschaft verknüpft ist.<br />
Die Umweltschäden und die inzwischen weithin anerkannten<br />
oder angeforderten Umweltorientierungen<br />
in allen Teilsystemen der Gesellschaft sind ein Beispiel<br />
für in Gang befindliche neue gesellschaftliche<br />
Handlungsmuster. Doch für wen schützen wir eigentlich<br />
diese unsere Erde, wenn nicht für die Menschen,<br />
die überall in der Welt seit eh und je ihren Alltag in<br />
familialen Lebensformen verbringen? Umweltorientierungen<br />
sind nur dann sinvoll, wenn sie die soziale<br />
Ökologie — das Zusammenleben der Menschen —<br />
und damit die Erhaltung, Sicherung und Förderung<br />
der familialen Lebensformen mit gleichem oder besser<br />
noch größerem Verantwortungsbewußtsein wahrnehmen.<br />
Die allgemeine Politikverdrossenheit hat<br />
nicht zuletzt darin ihre Wurzeln, daß die Alltagsprobleme<br />
der Menschen nicht ernst genug genommen<br />
werden. Die politische Herausforderung dieses<br />
Berichts ist die „neue Familienorientierung"<br />
1. Wandel des innerfamilialen Zusammenlebens<br />
(Seite 70-88)<br />
Im Kapitel IV wird zunächst an die familienstatistischen<br />
Trendbewegungen der letzten 30 Jahre und an<br />
die gängige These über die Pluralität familialer<br />
Lebensformen angeknüpft.<br />
Zwar haben quantitativ die verschiedensten Familienformen<br />
(z. B. die Ein-Eltern-Familien, die Stieffamilien)<br />
in den letzten Jahren zugenommen, aber in der<br />
sozialen Realität stellt die Zwei-Eltern-Familie weiterhin<br />
das Normalitätsmuster von Familie dar, und sie<br />
besitzt auch in der subjektiven Wertschätzung immer<br />
noch die oberste Priorität. Stärker verändert haben<br />
sich dagegen der Ehe- und Familiengründungsprozeß<br />
und der Familienalltag.<br />
In der (alten) Bundesrepublik Deutschland erfolgen<br />
die Eheschließungen in immer späterem Alter, die<br />
Geburtenzahlen nehmen weiterhin ab und die Kinderlosigkeit<br />
steigt, bedingt durch die langen Ausbildungs-<br />
und Berufsfindungszeiten (d. h. durch den<br />
späten Einstieg in eine dauerhafte Erwerbsposition)<br />
und vor allem durch die Vereinbarkeitsproblematik<br />
von Familie und Beruf. In der DDR dagegen hatte fast<br />
jede Frau wenigstens ein Kind, und das in viel<br />
früherem Alter als die Frauen in den alten Bundesländern.<br />
Angleichungstendenzen zeigen sich jedoch zur<br />
Zeit.<br />
Eine der größten sozialen Veränderungen während<br />
der letzten Jahrzehnte stellt jedoch der Wandel von<br />
Kindheit dar. Durch die Veränderungen der familialen<br />
Rahmenbedingungen infolge der allgemeinen<br />
technischen Entwicklung der speziellen „Freizeitund<br />
Unterhaltungsindustrie", durch Veränderungen<br />
in den Wohn- und Straßenumwelten, durch eine<br />
zunehmende Pädagogisierung, vor allem auch durch<br />
den Geburtenrückgang u. a. m., bedeutet Kinderalltag<br />
heute etwas völlig anderes als noch vor 30 Jahren.<br />
Insbesondere sind die Leistungsanforderungen an die<br />
Eltern während der vergangenen Jahrzehnte in allen