27.02.2014 Aufrufe

Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kinderkosten<br />

Unter<br />

halts<br />

pflicht<br />

Ökono<br />

mische<br />

Funktion<br />

der Ehe<br />

Drucksache 12/7560<br />

heißt konkret in der Regel der Mutter, abverlangt<br />

werden.<br />

Die Kinderkosten steigen und die staatliche<br />

Beteiligung an der Tragung dieser Kosten ist<br />

stark zurückgegangen, so daß die ökonomische<br />

Funktion der Familie größer wird durch die<br />

Sachzwänge (die Kinder müssen versorgt werden)<br />

und auch durch die Festlegungen des<br />

Familienrechts. (Hatte z. B. ein unterhaltspflichtiger<br />

Vater mit einem — in den neuen Bundesländern<br />

noch immer überdurchschnittlichen —<br />

Nettoeinkommen von 2 000 DM für zwei Kinder<br />

im Alter von 9 und 13 Jahren vor der Wende<br />

18 % seines Einkommens als Unterhalt aufzubringen,<br />

so waren es im Jahre 1991 nach der<br />

1. RegelunterhaltsVO 30 % und sind es seit<br />

Mitte 1992, nach der zweiten RegelunterhaltsVO,<br />

38 %.) Der Ausbildungsunterhalt wird<br />

von den Eltern in einem Umfang gefordert, der<br />

weit über jede Planung hinausgeht, wie sie in<br />

den Familien in der DDR erforderlich war.<br />

Unterhaltspflicht zwischen erwachsenen Verwandten<br />

wegen Arbeitslosigkeit oder für die<br />

Heimkosten bei Alter und/oder Pflegebedürftigkeit<br />

war bislang im Spektrum familialer Planung<br />

nicht enthalten. Die Sorge um die älteren<br />

Familienmitglieder hatte sich fast ausschließlich<br />

in den Bereich der moralisch motivierten Hilfeleistung<br />

verlagert. Jetzt entstehen z. T. weitreichende<br />

Unterhaltspflichten.<br />

Besondere Ausweitung erfährt die ökonomische<br />

Funktion der Ehe. Sie ist nicht schlechthin<br />

Bestandteil des Zusammenlebens der Ehegatten,<br />

sondern die Ehe wird wieder Versorgungsinstitution,<br />

vor allem die geschiedene Ehe<br />

erlangt diese Funktion zurück. Arbeitslosigkeit,<br />

fehlende Frauenförderung, geringerer Mutterschutz<br />

und die starken Veränderungen im<br />

Bereich der Kinderbetreuung außerhalb der<br />

Familie sollen durch die Ehe aufgefangen werden.<br />

Diese Rechtsentwicklung durch die Oberleitung<br />

wird besonders beim Recht auf Arbeitslosenhilfe<br />

und bei den Scheidungsfolgenregelungen<br />

wahrgenommen. Für letztere, also für<br />

den Ehegattenunterhalt nach Scheidung und<br />

den Versorgungsausgleich, ist das der Fall,<br />

obgleich die einschlägigen Regelungen wegen<br />

fehlender Leistungsfähigkeit oder geringer Unterschiede<br />

in den Rentenanwartschaften der<br />

Ehegatten sehr oft gar nicht greifen bzw. vorerst<br />

nicht oder nur geringfügig greifen.<br />

Die Hauptwirkung der Überleitung des Bundesrechts<br />

besteht also darin, daß die Ehen und die<br />

Eltern-Kind-Verhältnisse, die am 3. Oktober<br />

1990 bereits bestanden, einen anderen rechtlichen<br />

Inhalt erlangt haben, daß sich der Kreis der<br />

Rechte und Pflichten wesentlich erweitert hat,<br />

und die Entscheidung zur Ehe, zur Familiengründung<br />

und zur Vergrößerung der Familie ist<br />

mit wesentlich weitergehenden rechtlichen<br />

Konsequenzen und somit stärkeren Einschnitten<br />

in die Bedingungen der weiteren Lebensgestaltung<br />

verbunden, als das vor der Wende der<br />

Fall war.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode<br />

3.3 Zu Wirkungen der Rechtsanwendung 2)<br />

Hier zeigen sich Probleme, die die Annahme des<br />

übergeleiteten Rechts durch die Bürgerinnen<br />

und Bürger erschweren. Das hängt zunächst<br />

damit zusammen, daß offensichtlich reformbedürftige<br />

Bestimmungen mit übergeleitet wurden,<br />

die in der DDR vor geraumer Zeit außer<br />

Kraft gesetzt worden waren und nun wieder<br />

Geltung erlangt haben.<br />

Einige Bestimmungen davon wurden nach der<br />

Überleitung bereits für verfassungswidrig erklärt.<br />

Das betrifft das Ehenamensrecht, die<br />

Regelung zum Kranzgeldanspruch der „unbescholtenen<br />

Verlobten" nach Auflösung des Verlöbnisses<br />

und die die Mutter betreffende Sorgerechtsregelung<br />

im Falle der Ehelicherklärung<br />

des bislang nichtehelichen Kindes. Nicht verfassungswidrig,<br />

aber auch nicht verfassungskonform<br />

ist nach Feststellung des Bundesverfassungsgerichts<br />

die Regelung über die unterschiedliche<br />

gerichtliche Zuständigkeit für eheliche<br />

und nichteheliche Kinder in bezug auf den<br />

Unterhalt; eine Regelung, die dessen ungeachtet<br />

in den neuen Bundesländern nun erst einzuführen<br />

war.<br />

Frauen erfahren, daß ihnen das BGB einseitig<br />

besondere Betreuungsaufgaben gegenüber den<br />

Kindern zuweist (§ 1606 Abs. 3) und für sie eine<br />

antiquierte Begrifflichkeit nutzt. (Es spricht<br />

noch von Rechten einer „Frauensperson"<br />

(§ 825); die Frau „empfängt" das Kind vom<br />

Mann, der der Frau „beiwohnt"). Die ökonomisch<br />

schwächere Frau hat während der Ehe im<br />

Güterrecht keine Stütze mehr, es fehlt an einer<br />

Pflicht der Ehegatten, einander bei der Vereinbarkeit<br />

von Familie und Beruf zu helfen.<br />

Während das Familienrechtsänderungsgesetz<br />

von 1990 die Reste ungleicher Regelung für die<br />

Beziehungen zwischen Eltern und Kind nach<br />

Geburt außerhalb der Ehe, die die Stellung des<br />

Vaters betrafen, beseitigt hat, wurde mit der<br />

Überleitung des Bundesrechts erneut ein spezielles<br />

Nichtehelichenrecht etabliert. Die Wirkung<br />

dieses Vorgangs ist abgeschwächt, weil<br />

die Amtspflegschaft nicht übergeleitet wurde<br />

und die Praxis sich überwiegend bemüht, die<br />

unterschiedliche Regelung mehr als rechtstechnische<br />

Erscheinung zu erklären. Dennoch bleibt<br />

Benachteiligung und vor allem Diskriminierung<br />

damit verbunden.<br />

Nicht geringe Probleme der Wirksamkeit des<br />

übergeleiteten Familienrechts betreffen die<br />

Regulierung des Konflikts, worin eine wesentliche<br />

Aufgabe des Familienrechts besteht. Dabei<br />

ist vom Familienrecht zu erwarten, daß es möglichst<br />

dem Schutz der Kinder dient, dem ökonomisch<br />

Schwächeren zur Seite steht, die Beziehungen<br />

befriedet, den Konflikt zumindest nicht<br />

2) Im einzelnen vergleiche die Expe rtise von Anita<br />

Grandke „Studie zur Anwendung des übergeleiteten<br />

Familienrechts in den neuen Bundesländern".<br />

Probleme<br />

Auch re<br />

formbe<br />

dürftiges<br />

Recht<br />

wurde<br />

über-<br />

-<br />

geleitet<br />

Spezielles<br />

Recht für<br />

Nichteheliche

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!