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Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

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Drucksache 12/7560<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode<br />

Bedeutung<br />

individueller<br />

Verabre<br />

dungen<br />

Elterliche<br />

Unterstüt<br />

zung der<br />

Jugend<br />

lichen<br />

10- bis 14jährigen Mitglieder in mindestens<br />

einem Verein. Die Gruppen- und Vereinszugehörigkeit<br />

der Kinder scheint mit der der Eltern<br />

zu korrelieren, und ebenso schaffen die Freizeitangebote<br />

bei Kindern erst die Nachfrage. Das<br />

gilt auch für die neuen Bundesländer. Die<br />

Ergebnisse einer Vergleichsuntersuchung zeigen<br />

die Angleichung vieler Freizeitorientierungen<br />

und Freizeitgewohnheiten in den neuen<br />

Bundesländern an westliche Vorbilder und eine<br />

schnelle Verwestlichung der Freizeitsituation<br />

im Osten bei noch deutlich schlechterer Infrastruktur:<br />

„Daraus ergeben sich zahlreiche<br />

Widersprüche und Konfliktlinien. Generell ist<br />

ein Trend zur Verhäuslichung der kindlichen<br />

Freizeitaktivitäten erkennbar, wobei besonders<br />

die Mobilitätsanforderungen und der Zwang<br />

zur Freizeitplanung im Westen steigen. Im<br />

Osten kommt der Familie noch eine größere<br />

Bedeutung für die Freizeit zu. Das Fernsehen<br />

spielt eine besonders zentrale Rolle" (Büchner<br />

u. a. 1992, S. 22).<br />

An die Stelle des spontanen Spiels in Freiräumen<br />

und auf der Straße ist also eine spezialisierte<br />

Freizeitkultur getreten. Doch muß<br />

betont werden, daß die Straße als Spielort schon<br />

immer ein schlechtes Image hatte, ablesbar<br />

an der Bezeichnung „Straßenkind"; deshalb<br />

durfte sie auch selten von Kindern gehobener<br />

sozialer Schichten zum Spielen genutzt<br />

werden.<br />

Begleitet und ergänzt wurde die Verhäuslichung<br />

von Kindheit und Jugend auch von einer<br />

wachsenden Bedeutung von individuellen Verabredungen<br />

mit einzelnen Spielpartnerinnen<br />

und -partnern. Damit nahm die Zahl der Kontaktpersonen<br />

rapide zu: „Statt weniger, dauerhafter<br />

und überschaubarer ... sozialer Beziehungen<br />

sind Kinder ... mit einer Vielzahl von<br />

zumeist kurzlebigen, meist oberflächlichen und<br />

ausschnitthaften Beziehungen konfrontiert"<br />

(Büchner u. a. 1992, S. 22). In diesem Sinn hat<br />

auch die Bedeutung der Nachbarn (bereits<br />

durch die gestiegene regionale Mobilität) und<br />

der Großeltern (durch das getrennte Wohnen)<br />

abgenommen. Ferner fallen — jedenfalls ab<br />

dem mittleren Jugendalter — die Mitschüler<br />

und -schülerinnen durch die Kursdifferenzierungen<br />

im Bildungsbereich als tägliche Kommunikationspartner<br />

bzw. -partnerinnen vielfach<br />

aus, so daß mit den Eltern heutzutage,<br />

manchmal zusammen mit den Geschwistern,<br />

die einzigen täglichen und über die Kleinkindheit,<br />

Kindheit und Jugend überdauernden Personenbeziehungen<br />

bestehen. Auf diese damit<br />

engere und ausschließlicher gewordene Eltern-<br />

Kind-Beziehung und auf ihre neuen Probleme<br />

wird im nächsten Abschnitt ausführlicher eingegangen.<br />

Eine weitere strukturelle Veränderung des<br />

Familienalltags brachte die Verlängerung der<br />

Ausbildungs- und Berufsfindungszeiten (also:<br />

der spätere Einstieg in eine dauerhafte Erwerbsposition)<br />

und das gesunkene Angebot an „be<br />

zahlbaren" Wohnungen, wodurch sich seit den<br />

70er Jahren das Auszugsalter der Kinder aus<br />

dem Elternhaus erhöht hat (vgl. Wagner/<br />

Huinink 1991, S. 39ff.) und die ökonomischen<br />

Unterstützungsleistungen seitens der Eltern<br />

gegenüber ihren Kindern zugenommen haben.<br />

Nicht nur die Kosten des Lebensunterhalts übernehmen<br />

die Eltern, sondern die Mehrzahl der<br />

Jugendlichen erhält noch bis zum 18./19.<br />

Lebensjahr ihr frei verfügbares Taschengeld<br />

von ihren Eltern (Vaskovics/ Schneider 1989,<br />

S. 405). Selbst nach Erreichen ihrer Volljährigkeit<br />

können die Jugendlichen sowohl in den<br />

alten als auch in den neuen Bundesländern<br />

nicht auf die elterliche Unterstützung verzichten.<br />

Die finanziellen Zuwendungen der Eltern<br />

gehören noch lange zu einer wichtigen Quelle<br />

ihres Lebensunterhalts, wobei geschlechtsspezifische<br />

und regionale Unterschiede gegeben<br />

sind: „So werden 11 % der Männer (Altersgruppe<br />

25 bis 29) in den alten Bundesländern<br />

durch die Eltern regelmäßig unterstützt, aber<br />

nur 5 % der Frauen (in den neuen Bundesländern<br />

6 % der Männer und 2 % der Frauen).<br />

In den neuen Bundesländern nehmen insbesondere<br />

die weiblichen Jugendlichen im<br />

Alter von 18 bis 24 Jahren die elterliche Unterstützung<br />

in erheblich geringerem Maße in Anspruch.<br />

Dies ist vermutlich damit zu erklären,<br />

daß die wirtschaftliche Verselbständigung<br />

durch eigene Erwerbstätigkeit früher erfolgt<br />

als in den alten Bundesländern" (Vaskovics<br />

u. a. 1992, S. 401) oder daß die wirtschaftliche<br />

Lage der Eltern eine längere Unterstützung<br />

nicht gestattet.<br />

Diese — auf den ersten Blick hin — gestiegene<br />

Asymmetrie in den materiellen Unterstützungsleistungen<br />

setzt sich dann sogar noch fort, wenn<br />

die Kinder verheiratet sind. In einer — zwar<br />

regional begrenzten und auf die alten Bundesländer<br />

bezogenen — Retrospektivbefragung<br />

von Ehepaaren unterschiedlicher Eheschließungskohorten<br />

wurde festgestellt, daß — trotz<br />

der heutigen besseren ökonomischen Lage der<br />

jüngeren Ehepaare und unabhängig vom<br />

Berufsstatus — ihnen, wie denen, die 1950 und<br />

1970 geheiratet hatten, die Eltern zu Beginn<br />

ihrer Ehe vielfach halfen; nur der Inhalt der<br />

Hilfeleistung hat sich zeitgeschichtlich verändert.<br />

So hat das Zusammenwohnen der Zwei-<br />

Generationen-Familie stark abgenommen (allein<br />

über 40 % derjenigen, die 1950 geheiratet<br />

haben, wohnten zunächst bei den Eltern, und<br />

zwar überwiegend bei den Eltern der Frau).<br />

Auch die Kinderbetreuung seitens der Großeltern<br />

ist im Zeitablauf geringer geworden, dafür<br />

aber ist statt der praktischen Hilfeleistung die<br />

monetäre gestiegen, und zwar gleichgültig, wie<br />

hoch die berufliche Position der Kinder ist. Der<br />

Verwendungszweck für die finanziellen Zuwendungen<br />

bei und nach der Heirat hat sich<br />

ebenfalls verändert: von den Zuschüssen zur<br />

Möbelanschaffung 1950 und 1970 zu der von<br />

Haushaltsgeräten im Jahr 1980 und später<br />

(Nave-Herz 1990, S. 207 ff.).<br />

-<br />

Elterliche<br />

Unterstützung<br />

verheirateter<br />

Kinder

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