Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode Drucksache 12/7560<br />
Personenkreis Sondertarife an, z. B. freier oder ermäßigter<br />
Eintritt in öffentliche Schwimmbäder und<br />
Museen, Gewährung verbilligter Fahrkarten zur Nutzung<br />
des öffentlichen Nahverkehrs.<br />
3.2 Familienhilfe und -beratung<br />
Die Bundesregierung teilt die Auffassung des<br />
Berichts, daß junge Eltern stärker als bisher in ihren<br />
Erziehungsaufgaben zu unterstützen sind. Sie unterstreicht<br />
in diesem Zusammenhang die familienunterstützende<br />
und familienergänzende Funktion des<br />
neuen Kinder- und Jugendhilferechts. In Abkehr vom<br />
früheren Jugendwohlfahrtsgesetz, das eingriffsrechtlich<br />
orientiert war und Hilfen für das Kind erst bei<br />
Versagen der Eltern zur Verfügung gestellt hat, steht<br />
bei dem neuen Kinder- und Jugendhilferecht die<br />
Stärkung der Erziehungskraft der Familie und der<br />
elterlichen Erziehungsverantwortung im Vordergrund.<br />
Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII)<br />
sollen Müttern, Vätern, anderen Erziehungsberechtigten<br />
und jungen Menschen Leistungen der allgemeinen<br />
Förderung der Erziehung in der Familie<br />
angeboten werden. Diese sollen zu einer erfolgreicheren<br />
Durchführung der Erziehungsverantwortung beitragen.<br />
Dazu zählen insbesondere<br />
— Angebote der Familienbildung, die auf Bedürfnisse<br />
und Interessen sowie auf Erfahrungen von<br />
Familien in unterschiedlichen Lebenslagen und<br />
Erziehungssituationen eingehen, die Familie zur<br />
Mitarbeit in Erziehungseinrichtungen und in Formen<br />
der Selbst- und Nachbarschaftshilfe besser<br />
befähigen sowie junge Menschen auf Ehe, Partnerschaft<br />
und das Zusammenleben mit Kindern<br />
vorbereiten;<br />
Angebote der Beratung für Eltern in allgemeinen<br />
Fragen der Erziehung und der Unterstützung bei<br />
der Wahrnehmung ihrer Verantwortung für die<br />
Entwicklung ihrer Kinder sowie zur Bewältigung<br />
konkreter individueller und familienbezogener<br />
Probleme;<br />
Angebote der Familienfreizeit und der Familienerholung<br />
insbesondere in belastenden Familiensituationen;<br />
die bei Bedarf die erzieherische Betreuung<br />
der Kinder einschließen.<br />
Die Bundesregierung beobachtet mit Sorge, daß diese<br />
wichtigen präventiven und unterstützenden Aufgaben<br />
der Kinder- und Jugendhilfe und ihre familienpolitische<br />
Bedeutung in der Praxis der Jugendhilfe nicht<br />
überall erkannt werden. Sie appelliert deshalb an die<br />
Kreise und kreisfreien Städte als Träger der öffentlichen<br />
Jugendhilfe, entsprechende Angebote der allgemeinen<br />
Förderung der Erziehung in der Familie, wie<br />
sie insbesondere von Trägern der freien Jugendhilfe,<br />
aber auch von den Jugendämtern selbst erbracht<br />
werden, auszubauen. Die dafür zu veranschlagenden<br />
Mittel sind eine wichtige Investition in die Zukunft<br />
unserer Kinder.<br />
Der Bericht stellt zutreffend fest, daß trotz hoher<br />
Scheidungsziffern die Institution der Ehe nicht gene<br />
rell in Frage gestellt oder abgelehnt wird. Viele Paare<br />
trennen sich, weil sie sehr hohe, stark idealisierte<br />
Erwartungen an eine Partnerschaft stellen, deren<br />
Realisierung sie selbst aber überfordert. Hier kommt<br />
insbesondere der Trennungs- und Scheidungsberatung<br />
eine große Bedeutung zu. Deshalb gehen auch<br />
von der Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung<br />
und Scheidung wichtige familienrechtliche und<br />
familienpolitische Impulse aus. Im Rahmen der Neuordnung<br />
des Kinder- und Jugendhilferechts ist diese<br />
Beratung ausdrücklich als Aufgabe der Jugendhilfe<br />
verankert worden. Im Fall von Trennung und Scheidung<br />
der Eltern zielt die Beratung darauf ab, die<br />
Eigenkräfte der Eltern zu fördern, ihre Fähigkeiten<br />
zur Konfliktlösung zu verbessern und dem Kind auch<br />
nach Trennung und Scheidung ein Höchstmaß an<br />
Elternschaft zu sichern. Dazu dient die gezielte Unterstützung<br />
bei der Erarbeitung eines gemeinsamen<br />
Konzepts zur Wahrnehmung der elterlichen Sorge<br />
nach Trennung und Scheidung, das als Grundlage für<br />
die richterliche Entscheidung dienen kann. Der Bund<br />
hat in diesem Bereich Hilfen für die Praxisarbeit wie<br />
auch für die Qualifizierung von Beratern über Modellprojekte<br />
erarbeiten lassen.<br />
Familien brauchen zur Bewältigung ihrer Aufgaben,<br />
die unsere Gesellschaft mit ihren steigenden Anforderungen<br />
an Ausbildung, Flexibilität und Wissen stellt,<br />
vielfältige Formen der Entlastung. Insbesondere in<br />
Situationen, in denen Menschen und damit auch<br />
Familien ihre Chancen zur eigenständigen Lebensgestaltung<br />
nicht mehr für sich befriedigend nutzen<br />
können, in denen auch die in der Umgebung vorhandenen<br />
Selbsthilfekräfte nicht mehr reichen, benötigen<br />
Familien Beratung und Unterstützung. Es ist Aufgabe<br />
der Familienpolitik, dazu beizutragen, daß Familien<br />
diese Unterstützung und Hilfe sowie Orientierung in<br />
für sie belastenden Situationen erhalten. Aus diesem<br />
Grunde ist die Förderung und konzeptionelle Weiterentwicklung<br />
von Beratung und die Qualifizierung von<br />
Fachkräften ein wichtiges familienpolitisches Anliegen,<br />
dem auf allen politischen Ebenen entsprechendes<br />
Gewicht beigemessen wird.<br />
Besondere Beachtung gilt der Tatsache, daß manche<br />
Familien durch bestimmte Lebensbelastungen wie<br />
Arbeitslosigkeit, gesundheitliche und partnerschaftliche<br />
Probleme und Schwierigkeiten bei der Kinderbetreuung<br />
überfordert sind und darauf mit Gewalt<br />
reagieren. Gerade in solchen Situationen ist jeder<br />
Beitrag zur Entlastung und zur Unterstützung von<br />
-<br />
Familien besonders wichtig, weil dadurch Konflikte in<br />
Familien als gewaltauslösendes Moment vermindert<br />
werden können.<br />
Prävention und Intervention im Zusammenhang mit<br />
Gewalt in der Familie stellen auch einen Schwerpunkt<br />
familienpolitischer Bemühungen der Bundesregierung<br />
dar. Der Bund fördert u.a. im Rahmen zentraler<br />
Maßnahmen der Familienarbeit Modellprojekte, Untersuchungen<br />
und andere Initiativen wie z. B. Ausund<br />
Fortbildungsmaßnahmen im Bereich der Gewaltproblematik,<br />
um die Voraussetzungen für Prävention<br />
und Hilfen zu verbessern.<br />
Die Bundesregierung unterstreicht die Forderung in<br />
Kapitel VIII des Berichts nach einem Ausbau familienergänzender<br />
Angebote zur Bildung, Erziehung und