Gutachten "PPP im öffentlichen Hochbau" - Band 2 ... - BMVBS
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Beratergruppe – „<strong>PPP</strong> <strong>im</strong> <strong>öffentlichen</strong> Hochbau“<br />
Insgesamt hat sich das seit 1. Januar 1999 bestehende Rechtsschutzsystem für Vergabeverfahren<br />
oberhalb der Schwellenwerte bewährt. Von der Möglichkeit der Einlegung von<br />
Nachprüfungsanträgen wird rege Gebrauch gemacht. Von insgesamt etwa 102 Anträgen <strong>im</strong><br />
Jahre 1999 stieg die Anzahl von Verfahren auf ca. 1300 <strong>im</strong> Jahre 2002 an 1202 . Im Rahmen<br />
von komplexen <strong>PPP</strong>-Projekten erscheint deswegen eine begleitende vergaberechtliche Beratung<br />
erforderlich, um bereits vor und während des Vergabeverfahrens mögliche Fehler zu<br />
vermeiden.<br />
7.15 Vertragsnichtigkeit bei sog. de-facto-Vergaben<br />
Wie bereits erörtert wurde, ist es aus Gründen eines effektiven Pr<strong>im</strong>ärrechtsschutzes nicht<br />
hinzunehmen, dass die Vergabestelle einen <strong>öffentlichen</strong> Auftrag ohne jedes förmliche Verfahren<br />
vergibt (sog. de-facto-Vergabe). Problematisch ist gerade der <strong>im</strong> kommunalen Bereich<br />
nicht seltene Fall, dass ein Konkurrent erst nach Vertragsschluss von der Vergabe eines<br />
Auftrags erfährt, ohne dass zuvor ein den EG-Vergaberichtlinien angepasstes Vergabeverfahren<br />
durchgeführt wurde.<br />
Gemäß § 114 Abs. 2 GWB kann die Vergabekammer einen bereits erteilten Zuschlag nicht<br />
aufheben 1203 . Im deutschen und österreichischen Vergaberecht fallen - anders als etwa in<br />
Frankreich - der Zuschlag und der Vertragsschluss zusammen (sog. Germanisches Modell)<br />
1204 . Nach der Konzeption des GWB sind vergaberechtswidrige Verträge also grundsätzlich<br />
wirksam 1205 . Der Gesetzgeber hat damit das Vertrauen der Vertragsparteien in den Bestand<br />
abgeschlossener Verträge grundsätzlich höher bewertet als das Interesse unterlegener<br />
Bieter an der Rückabwicklung des unter Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zustande<br />
gekommenen Rechtsgeschäfts 1206 . Ausnahmen von diesem Grundsatz hat der<br />
Gesetzgeber ausdrücklich zu gestatten 1207 .<br />
1202<br />
Vgl. die bei der Tagung des forum vergabe e.V. „Entscheidungen der Vergabekammern und<br />
Oberlandesgerichte in vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren 2002“ vom 10. April 2003 in<br />
Berlin vorgestellte Statistik.<br />
1203<br />
Entsprechend ist auch <strong>im</strong> Verfahren der sofortigen Beschwerde die Aufhebung eines erteilten<br />
Zuschlags durch das OLG gem. § 123 S. 4 i. V. m. § 114 Abs. 2 GWB ausgeschlossen.<br />
1204<br />
Vgl. Wegmann, NZBau 2001, 475; Kleinhenz, ZfBR 2001, 75; Berrisch/Nehl, DB 2001, 184<br />
(185).<br />
1205<br />
Vgl. BGH, NZBau 2001, 151 (152).<br />
1206 Vgl. Antweiler, DB 2001, 1975.<br />
1207 Vgl. Müller-Wrede/Kaelble, VergabeR 2002, 1 (5 f.).<br />
<strong>Band</strong> II: Rechtliche Rahmenbedingungen 386