Gutachten "PPP im öffentlichen Hochbau" - Band 2 ... - BMVBS
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Beratergruppe – „<strong>PPP</strong> <strong>im</strong> <strong>öffentlichen</strong> Hochbau“<br />
nen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz begründe, widerspricht dem vergaberechtlichen<br />
Grundsatz der Einzelfallprüfung 1023 . Mit der Ausgestaltung von § 16 VgV hat sich<br />
der Verordnungsgeber auf Initiative des Bundesrates 1024 bewusst von dieser Auffassung gelöst.<br />
Welchen Grad der Informationsvorsprung erreichen muss, um eine vergaberechtswidrige<br />
Wettbewerbsverzerrung anzunehmen, wird unterschiedlich beurteilt 1025 . Die wohl<br />
überwiegende Auffassung in Wissenschaft und Praxis best<strong>im</strong>mt die Schwere der Wettbewerbsverzerrung<br />
danach, ob lediglich eine Beteiligung an Planungs- und Entwurfsarbeiten<br />
bestand oder ob unmittelbar an den Vorarbeiten für die Ausschreibung, insbesondere bei der<br />
Erstellung des Leistungsverzeichnisses, mitgewirkt wurde 1026 . Hat danach der Projektant den<br />
Inhalt der Verdingungsunterlagen beeinflusst, ist sein gewonnener Informationsvorsprung<br />
grundsätzlich wettbewerbsverzerrend und als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz<br />
zu werten.<br />
Zwar kann (und muss) der Auftraggeber wettbewerbsverzerrende Informationsvorsprünge<br />
grundsätzlich ausgleichen 1027 . Der Wissensvorsprung eines direkt an der Erstellung der Leistungsbeschreibung<br />
beteiligten Projektanten kann jedoch wohl kaum kompensiert werden.<br />
Gerade bei schwer zu beschreibenden, komplexen Vorhaben wie <strong>PPP</strong>-Hochbauprojekten ist<br />
die Gefahr fehlerhafter oder missverständlicher Verdingungsunterlagen besonders groß. Der<br />
Projektant kennt Sinn und Zweck der Anforderungen genau. Die Konkurrenten hingegen<br />
können den Umfang der zu erbringenden Leistung und auch etwaige Präferenzen der <strong>öffentlichen</strong><br />
Hand nicht abschätzen. Das vergaberechtliche Diskr<strong>im</strong>inierungsverbot erfordert daher<br />
nicht nur eine organisatorische, sondern auch eine personelle Trennung zwischen denjenigen,<br />
die die Leistungsbeschreibung formulieren und denjenigen, die die Angebote entsprechend<br />
dieser Leistungsbeschreibung erstellen 1028 . Bei bloßen informellen<br />
Markterforschungsanfragen an einzelne Unternehmen <strong>im</strong> Vorfeld eines Vergabeverfahrens<br />
dürfte i.d.R. noch kein wettbewerbsverzerrender Informationsvorsprung dieser Unternehmen<br />
1023<br />
Vgl. zur Kritik Quilisch/Fietz, NZBau 2001, 540 (541) m. w. N.<br />
1024<br />
Vgl. Beschluss vom 10.11.2000, BR-DS 455/00.<br />
1025<br />
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.06.2002, Az.: 1 VK 20/02: besondere Umstände<br />
erforderlich, etwa dass die Leistungsbeschreibungen auf die spezifischen Interessen des<br />
Projektanten zugeschnitten sind; a.A.: VK Bund, Beschluss vom 11.09.2002, Az.: VK 2-42/02:<br />
ohne weitere Darlegung auf eine Wettbewerbsverzerrung aufgrund dieser „Insider-Kenntnisse“<br />
zu schließen; Kommission, KOM (2000) 275 endgültig, S. 6: tendiert ebenfalls zu einer strengen<br />
Haltung und schlägt zur Vermeidung der Probleme die Einführung des neuen Verfahrens<br />
des „Wettbewerblichen Dialogs“ vor.<br />
1026<br />
Vgl. nur VÜA Bund, WuW/E VergAB 79 (84 f.); Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97<br />
Rn. 50 mit umfänglichen Nachweisen in Fn. 68.<br />
1027<br />
VK Bund, Beschluss vom 10.07.2002, VK 2-34/02: sofern dies möglich ist.<br />
1028 VK Bund, Beschluss vom 11.09.2002, VK 2-42/02.<br />
<strong>Band</strong> II: Rechtliche Rahmenbedingungen 350