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Leadership in der psychiatrischen Pflege (2009)

Kongressband Dreiländerkongress 2009 in Wien

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lung alle<strong>in</strong>e besser geworden ist. Vielmehr wird mittlerweile deutlich, dass<br />

Medikamente auch zur Verschlechterung des Krankheitsverlaufs und zur<br />

Chronifizierung beitragen können [2, 3]. Während e<strong>in</strong> Großteil <strong>der</strong> Wirkung<br />

von Antidepressiva durch unspezifische Effekte (die auch als Placebo-Wirkung<br />

bezeichnet werden) erklärt werden kann, sche<strong>in</strong>t das Nutzen-Risikoprofil von<br />

Antipsychotika aufgrund <strong>der</strong> vielfältigen Nebenwirkungen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Langzeittherapie ungünstiger zu se<strong>in</strong> als bisher angenommen. Es ist wahrsche<strong>in</strong>lich,<br />

dass auch die medikamentöse Mehrfachbehandlung zu <strong>der</strong> um<br />

über 20 Jahre ger<strong>in</strong>geren Lebenserwartung von Menschen mit e<strong>in</strong>er Schizophrenie<br />

beiträgt [4].<br />

Zudem zeigen beispielsweise neue Behandlungsansätze bei Psychosen wie das<br />

skand<strong>in</strong>avische „Nead-adapted treatment“, dass bei 50 Prozent <strong>der</strong> an e<strong>in</strong>er<br />

Psychose Ersterkrankten ke<strong>in</strong>e Antipsychotika erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d, wenn die<br />

optimalen Voraussetzungen im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er guten psychosozialen Behandlung<br />

gegeben s<strong>in</strong>d [5]. Für den Langzeitverlauf vieler schwerer psychischer Erkrankungen<br />

ist die psychosoziale Behandlung wichtiger als die medikamentöse.<br />

E<strong>in</strong>e auf Medikamente beschränkte Therapie engt den Blick auf die „Symptome“<br />

und die „Rückfälle“ e<strong>in</strong> und leistet e<strong>in</strong>er fragmentierten und e<strong>in</strong>er Drehtürpsychiatrie<br />

Vorschub. Es ist daher von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

solchen Studien zu vertrauen, die pharmaunabhängig und mit e<strong>in</strong>er<br />

größtmöglichen Alltagsnähe durchgeführt werden und gleichzeitig hohe methodische<br />

Standards erfüllen. E<strong>in</strong>e solche Studie [6] zeigte beispielsweise dass<br />

drei Viertel <strong>der</strong> Patienten mit e<strong>in</strong>er Schizophrenie ihre antipsychotische Medikation<br />

nach 18 Monaten abbrechen – weil die Nebenwirkungen wie beispielsweise<br />

die Gewichtszunahme nicht akzeptabel waren o<strong>der</strong> die Medikamente<br />

nicht als hilfreich erlebt wurden. Gleichzeitig waren die neueren Substanzen<br />

den älteren nicht grundsätzlich überlegen, wenn diese behutsam dosiert wurden.<br />

Es ist unbestritten, dass Antipsychotika ke<strong>in</strong>e Psychose heilen können, son<strong>der</strong>n<br />

eher sehr unspezifisch wirken und lediglich die natürliche Tendenz e<strong>in</strong>er<br />

Erholung von <strong>der</strong> Psychose unterstützen können. Die Indifferenz gegenüber<br />

emotionalen Stimuli und <strong>der</strong> Schutz gegenüber belastenden E<strong>in</strong>drücken, <strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Akutwirkung genutzt wird, wird zum Problem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Langzeitbehandlung,<br />

da das Gehirn von notwendigen Informationen und von <strong>der</strong> Möglichkeit, aus<br />

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