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Schulprogramm - Martinschule Rietberg-Verl

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Es gilt an dieser Stelle, die zuvor dargelegten Widersprüche als zu überwindende Erschwernisse<br />

zu sehen, indem Chancen mit ihnen verknüpft werden.<br />

Wurde unter 4.1.6.1 zunächst die extreme Aussonderung aus dem staatlichen System „Schule“<br />

genannt, so kann aus positivistischer Sichtweise mit der Zuweisung zur Schulstation zunächst<br />

postuliert werden, der Schüler sei nun an einem schulischen Ort angelangt, der Zeit,<br />

Ruhe, Unterstützung und Zuverlässigkeit biete, um wieder zu sich selbst zu finden. Schulstation<br />

soll dem Schüler ein „Umkehrpunkt“, eine Wende zum Wiederaufbau werden, zur Rückkehr<br />

in die Gesellschaft und Teilhabe an ihr dienen.<br />

Als zweiter Aspekt wurde die Ausgliederung aus dem System „Familie“ genannt, die Unterbringung<br />

in einer Einrichtung für Erziehungshilfe („Heimerziehung“). Unter diesem Aspekt<br />

muss gesehen werden, dass Jugendämter primär die familiengebundene Unterstützung durchgehend<br />

bevorzugen und nur in begründet schwerwiegenden Fällen oder auch auf Wunsch der<br />

Erziehungsberechtigten eine solche Einweisung vornehmen. Auch hier gilt die Sichtweise der<br />

Umkehr, des Wiederaufbaus mit dem Ziel der Rückführung in die Familie, wenn dieses zum<br />

Wohle des Jugendlichen geschehen kann.<br />

Als besondere Grundlage für das Beschreiten des inklusiven Weges in der Erziehung und Bildung<br />

der Schülerschaft der Schulstation wird die historische Entwicklung des Jugendwerks<br />

<strong>Rietberg</strong> gesehen. Sein Gründer, Karl Heinz Koch, fühlte sich der Weisheit verpflichtet, dass<br />

es eines „ganzen Dorfes“ bedürfe, „ein Kind zu erziehen“. Dieser Verflechtungsgedanke zwischen<br />

dem Individuum und seiner Umgebung wird unter dem Aspekt inklusiver Praktiken<br />

wichtige Konkretisierungen erfahren (vgl. 4.1.6.3).<br />

Noch eine weitere inklusive Kultur des Miteinanderlebens kann der Historie des Jugendwerkes<br />

in Bezug auf die inklusive Dimension der Teilhabe von Schülern entnommen werden.<br />

Koch orientierte sich beim Aufbau der Einrichtung an dem Konzept des irischen Priesters<br />

Father Flannigan, der 1917 in den USA die „Jungenstadt“ (Boys Town) für hilfsbedürftige<br />

männliche Kinder und Jugendliche in Nebraska gründete. Mitbestimmung und Mitverantwortung<br />

waren die Schlüsselbegriffe Flannigans, die Koch im Jugendwerk umsetzte (vgl.: „Kinder<br />

des Schattens“, Karl-Heinz Koch, Olsberg 2009).<br />

Das unter 4.1.6.1 angemerkte medizinische Modell der Aussonderung, der Klassifizierung<br />

nach ICD-10 insbesondere nach anhaltenden und tiefgreifenden Verhaltensstörungen birgt<br />

folgende Chancen:<br />

tieferes Verstehen des Schülers<br />

Dialog mit dem Schüler über seine Diagnose / seine Barrieren<br />

Dialog mit dem behandelnden Psychiater und dem Psychologen des Jugendwerks<br />

besserer Abgleich zwischen Unterrichtsinhalten und -methoden und den Bedürfnissen<br />

der Schüler<br />

Wichtig im Austausch zwischen den beteiligten Professionen ist die dynamische Sichtweise<br />

einer Diagnose (Prozessbegleitung), auch das Recht auf unterschiedliche Einschätzungen und<br />

Meinungen, die Orientierung an den individuellen Ressourcen und die verantwortete Teilhabe<br />

und Mitbestimmung der Kinder und Jugendlichen.<br />

Die zuletzt unter 4.1.6.1 aufgeführten inneren Barrieren der Kinder und Jugendlichen, die sie<br />

ihrer Außenwelt oftmals feindlich gegenüber treten lassen und die einen Prozess des „sich<br />

selbst Aussonderns“ erkennen lassen, bieten den erziehenden und unterrichtenden Erwachse-<br />

<strong>Schulprogramm</strong> <strong>Martinschule</strong> Seite 270

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