04.11.2013 Aufrufe

zum Download (8,57 MB) - Kultur bildet

zum Download (8,57 MB) - Kultur bildet

zum Download (8,57 MB) - Kultur bildet

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

160 KULTURELLE BILDUNG UND BILDUNGSREFORM<br />

Die pragmatische Frage, die ursprünglich die Motivation für diesen Text darstellte, lautete<br />

zunächst: Wie kann eine Zusammenarbeit von (Ganztags-)Schule und Jugendkulturarbeit<br />

geschehen? Diese Frage führte rasch zu grundlegenden Problemen nicht nur des Erziehungs-<br />

und Bildungssystems, sondern auch zur Frage nach der zivilisatorischen Qualität<br />

unserer Gesellschaft. Denn jede Antwort auf die Frage nach der Zusammenarbeit beider<br />

Erziehungs- und Bildungsfelder muss sich mit dem Problem auseinander setzen, welche<br />

Entwicklungschancen die öffentliche Hand überhaupt beiden Feldern gibt. Es lohnt sich<br />

daher, das pragmatische Thema etwas grundlegender anzugehen. In der vorliegenden Arbeit<br />

geschieht dies in einer Art Leitfaden, der den Gedankengang oft nur anreißt und an<br />

vielen Stellen auf andere Texte verweist. Insbesondere wird man erneut die Frage nach<br />

theoretischen, praktischen und politischen Begründungen für Jugend(kultur)arbeit und<br />

Schule aufgreifen müssen.<br />

Speziell für die <strong>Kultur</strong>pädagogik stellt sich die Struktur einer zu leistenden Begründungsarbeit<br />

dar wie in Abb.1 (siehe rechts).<br />

Erläuterung von Abb. 1<br />

Grundlage ist eine anthropologische Fundierung des Bildungs- und Erziehungsgeschehens.<br />

Im Anschluss vor allem an Helmut Plessner und Ernst Cassirer wird „<strong>Kultur</strong>“ als die Art<br />

und Weise verstanden, wie der Mensch als Gattungswesen seine Bestimmung erlangt hat:<br />

„<strong>Kultur</strong>“ ist die Art und Weise, wie der Mensch sein Leben gestaltet. Es handelt sich hierbei<br />

um einen weiten, sogar den weitest denkbaren <strong>Kultur</strong>begriff, da er quasi mit menschlichem<br />

Leben in all seinen Dimensionen korrespondiert. Zur „<strong>Kultur</strong>“ in diesem Sinne gehört,<br />

dass der Mensch in der Lage – und oft genug auch bereit dazu – ist, Leben zu zerstören.<br />

„Bildung“ lässt sich auf dieser Ebene als subjektive Seite der <strong>Kultur</strong> verstehen, korrespondiert<br />

also auch mit „Leben“ aus der Sicht des Einzelnen. Offensichtlich taucht hier die<br />

klassische Bestimmung der Beziehung von Bildung und <strong>Kultur</strong> wieder auf: Bildung als<br />

subjektive Seite von <strong>Kultur</strong>, <strong>Kultur</strong> als objektive Seite von Bildung.<br />

Eine solche anthropologische Bestimmung lässt sich für alle Dimensionen des Menschseins<br />

durchführen: Für die Sinnlichkeit, Rationalität, Phantasie und alle anderen Momente der<br />

Persönlichkeit (vgl. Wulf 1997, Artikel Nase, Auge etc.). Man kann Theorien der Künste<br />

ebenfalls auf einem anthropologischen Fundament aufbauen (vgl. Frey 1989, Fuchs 1999).<br />

Und natürlich ist die Gesellschaftlichkeit des Menschen, die Art und Weise seiner sozialen<br />

und politischen Organisation sowie seines ökonomischen und technischen Weltverhältnisses<br />

anthropologisch vorbereitet.<br />

Anthropologie liefert dabei allgemeine Bestimmungen des Menschseins, durchaus auch als<br />

kritische Messlatte für eine schlechte Realität, die die grundsätzlich vorhandenen Möglichkeiten<br />

des Menschen nicht zulässt. Anthropologie kommt an ihre Grenze bei der historisch-konkreten<br />

Untersuchung der Ausformung des Menschseins in bestimmten Zeiten an<br />

bestimmten Orten.<br />

Nach der Anthropogenese, also der Phylogenese und Naturgeschichte des Menschen, rückt<br />

demnach die Phase in den Fokus, in der der Mensch seine Geschichte selbst macht.<br />

Insbesondere interessiert hier die Zeit der Moderne, über deren Datierung man sich streitet<br />

und die auf unterschiedliche Weise (neuzeitliche Philosophie seit Descartes, Entdeckung<br />

des Ichs seit Petrarca und der Renaissance, Entstehung der Physik etc.) festgelegt werden<br />

kann.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!