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KULTURPÄDAGOGIK UND SCHULE 185<br />

absolvieren sind (etwa im Bildungswesen), doch liegt die Last der Entscheidungen über alle<br />

lebensrelevanten Ereignissen bei dem Einzelnen. Die Autorin sieht jedoch in der historischen<br />

Einordnung dieser Tendenzen nicht eine neue Epoche der Postmoderne aufscheinen,<br />

sondern vielmehr die Einlösung des Programms der Moderne, so wie es im 18. Jahrhundert<br />

formuliert worden ist (ebd., S. 232 f.).<br />

Die Rede von einem „modernen Lebensstil“ soll also keine Einheitlichkeit oder gar eine<br />

Verpflichtung für den Einzelnen zu einer Lebensnorm formulieren. Zudem gelten immer<br />

noch die Lehren der klassischen Gesellschaftsanalysen, dass jeder Lebensstil zudem auch<br />

materielle Ressourcen benötigt, was der freien Entscheidung gewisse Grenzen setzt.<br />

Dies gilt umso mehr, wenn man die Lebenssituation in anderen Ländern mit einbezieht.<br />

Die dramatischen Zahlen an Menschen, die unter der zwei- oder sogar ein-Dollar-Grenze<br />

pro Tag leben, sind bekannt. Extreme Unterversorgung ist ein – auch noch ständig anwachsendes<br />

– Phänomen auf unserer Welt, von der Experten berechnet haben, dass sie vielleicht<br />

sogar zehn bis 15 Milliarden Menschen versorgen könnte. Dies setzt allerdings einen anderen<br />

Umgang mit der Natur, mit den Ressourcen und vor allem der Menschen untereinander<br />

voraus.<br />

Eine wichtige Frage ist hierbei diejenige nach Maßstäben zur Bewertung menschlichen<br />

Lebens. Gerade bei sehr dringenden und aktuellen Fragen der Armutsbekämpfung landet<br />

man bei grundsätzlichen Fragen der philosophischen Anthropologie. Ich weise an dieser<br />

Stelle auf die Vorschläge von A. Sen und M. Nussbaum hin, die im Kontext des Helsinki-<br />

Instituts der Vereinten Nationen entwickelt wurden und die Aspekte des Menschseins formulieren.<br />

Auf internationaler Ebene, hier im Kontext der UN-Entwicklungsprogramme und des<br />

Weltentwicklungsberichtes, hat man versucht, die komplexe Problematik menschlicher<br />

(Unter-)Entwicklung auf einfach zu handhabende Kennziffern zu bringen. Dieses Unternehmen<br />

ist einerseits notwendig, wenigstens ein Mindestmaß an „objektiven“ Maßstäben<br />

zur Beurteilung der Situation der Menschen in verschiedenen Orten auf der Welt zur Verfügung<br />

zu haben. Andererseits muss die <strong>Kultur</strong>gebundenheit jeglicher Beschreibung von<br />

„Mensch sein“ im Auge behalten werden, um nicht in den alten okzidentalen Fehler normativer,<br />

westorientierter Modernisierungs- und Entwicklungstheorien zu verfallen.<br />

So hat man den HDI (Human Development Index) entwickelt, der zwar auch das Bruttosozialprodukt<br />

pro Kopf erfasst, der daneben aber auch die Lebensdauer und die Alphabetisierungsrate<br />

enthält und so eine gesundheitliche, eine ökonomische und eine kulturelle<br />

Dimension berücksichtigt.<br />

Gerade im Hinblick auf die Durchsetzung neuer Lebensweisen spielt <strong>Kultur</strong>, spielen die<br />

Künste eine entscheidende Rolle. Zum einen gibt es die normative Kraft des Faktischen. So<br />

war etwa die industrielle Revolution, die massenhafte Anwendung der Dampfmaschine,<br />

die Entstehung von Fabriken, die Entsiedlung der ländlichen Räume und die Entstehung<br />

von Großstädten mit großen Arbeitervierteln („ursprüngliche Akkumulation“ bei Marx)<br />

zugleich ein zentrales und brutales Erziehungsprogramm, eine Form angewandter Psychologie,<br />

da sich schlagartig die Lebensweise (und damit die Psyche) der ehemaligen Bauern<br />

und nunmehrigen Industriearbeiter sich ändern mussten.<br />

Zusätzlich werden für notwendig gehaltene veränderte Lebensformen mit allen Mitteln der<br />

<strong>Kultur</strong>mächte propagiert und vorgestellt. Massenliteratur und Film spielen hier eine wichtige<br />

Rolle. So untersucht auf Barfuss (2002) die Rolle entsprechender Filme und Romane<br />

(z. B. „Babitt“ von Sinclair Lewis) im Hinblick auf die Genese und Durchsetzung des Le-

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