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342 KULTURELLE BILDUNG UND BILDUNGSREFORM<br />

allgemein bildenden Schulen der DDR machte auch die Ausstattung der Sternwarte mit<br />

neuen modernen Instrumenten und einem Zeiss-Kleinplanetarium rasche Fortschritte.<br />

Woran es in dieser Zeit, die ich als Direktor seit 1976 mit gestaltet habe, am meisten mangelte,<br />

war der freie internationale Ideenaustausch und der ungehinderte Zugang zur wissenschaftlichen<br />

Weltliteratur, den wir uns nur mit List und Tücke wenigstens teilweise und<br />

unter Mithilfe vor allem westdeutscher Kollegen verschaffen konnten.<br />

Jetzt sind alle diese Einschränkungen weggefallen, dafür beobachten wir aber eine neue<br />

schwerwiegende gesellschaftliche Beeinträchtigung: die Naturwissenschaften besitzen nämlich<br />

in der Bundesrepublik Deutschland bei weitem nicht den Stellenwert, der ihnen als<br />

zukunftsträchtiges Element der Bildung zukommt. In Berlin und Brandenburg wurde sogar<br />

der obligatorische Astronomieunterricht, um den uns Pädagogen und Astronomen aus der<br />

alten Bundesrepublik stets beneidet hatten, nach der Wende abgeschafft und in Sachsen ist<br />

man gerade eilfertig dabei, denselben Fehler unter Missachtung hochkarätiger Proteste aus<br />

ganz Deutschland ebenfalls zu begehen.<br />

Die seit dem Bekanntwerden der PISA-Studie in unserem Land geführten Diskussionen<br />

um die Bildung im Allgemeinen und um die naturwissenschaftliche Bildung im Besonderen<br />

sind also sicher dringend nötig. Es kann nicht dabei bleiben, dass naturwissenschaftliche<br />

Grundlagenfächer wie etwa Physik oder Chemie z. B. in Berlin erst ab Klasse 8 gelehrt<br />

werden. Die uneingeschränkte Länderhoheit erweist sich hier als ein weiteres Problem.<br />

Einheitliche deutsche Standards werden nämlich dadurch <strong>zum</strong>indest erschwert, wenn nicht<br />

verhindert. Das erinnert ein wenig an die unterschiedlichen Längenmaße, Währungen und<br />

Ortszeiten in Deutschlands Kleinstaaten des 19. Jahrhunderts.<br />

Jedoch wurde eine andere Frage in der öffentlichen Diskussion bislang noch weitgehend<br />

ausgespart: das allgemeine gesellschaftliche Klima für die Naturwissenschaften. Dieses wird<br />

nämlich nicht allein über das Schulsystem hergestellt, sondern ebenso – und vielleicht sogar<br />

noch stärker – von den Printmedien und den elektronischen Massenmedien, wie übrigens<br />

auch von den Äußerungen so genannter Prominenter, besonders den Talkmastern, Sängern<br />

und Schauspielern. Wie oft wird doch der Eindruck erweckt, die Welle der Quizsendungen,<br />

mit denen unsere Fernsehsender in unübersehbarer Zahl die Wohnzimmer überschwemmen,<br />

sei ein Beitrag zur Bildung der Zuschauer. Oder ein als wissenschaftliche Sendung mit<br />

populärem Anspruch ins Leben gerufenes „Format“, wie etwa „Planetopia“ verlässt sogar<br />

völlig den Pfad der Wissenschaft und beschäftigt sich stattdessen mit den Problemen von<br />

Campern oder Livestyle-Fragen. Das mag zwar höhere Quoten bringen, berührt aber das<br />

ursprünglich erklärte Anliegen der Sendung überhaupt nicht.<br />

Völlig unerfindlich bleibt mir, warum die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten sich dem<br />

Gesamtniveau der Privaten mit einem Eifer ohnegleichen anzupassen trachten, obwohl<br />

doch deren Finanzierung gesichert ist und jedenfalls kein unmittelbarer Zwang zu Einschaltquoten<br />

besteht. Ähnlich hat sich auch der ehemalige ZDF-Intendant Dieter Stolte<br />

kürzlich geäußert, leider erst jetzt, nachdem er nicht mehr Intendant ist.<br />

Dass hier in diesem Land ein ganz anderes geistiges Klima mit Bezug auf die Naturwissenschaften<br />

herrscht als z.B. früher in der DDR, aber auch jetzt in den USA oder Japan und<br />

Großbritannien, wurde besonders den Ostdeutschen schon aus Kontrastgründen sehr schnell<br />

klar: während Wissenschaftsseiten aus Tageszeitungen entweder verschwanden oder stark<br />

eingeschränkt wurden, räumte man reichlich Platz für den Abdruck von Horoskopen oder<br />

Klatschkolumnen ein – natürlich alles im Namen der Pressefreiheit. Promis mit großer<br />

Ausstrahlung besonders auf die Jugend rühmen sich Beifall erheischend ihrer schlechten

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