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TAGUNG KULTURELLE BILDUNG 341<br />

Dieter B. Herrmann<br />

ASTRONOMIE FÜR ALLE – UND WAS HAT DAS MIT<br />

KULTUR ZU TUN?<br />

S<br />

ie sind hier zu Gast in einem Haus, das sich seit nunmehr 108 Jahren der Vermittlung<br />

naturwissenschaftlicher Kenntnisse an eine breite Öffentlichkeit verschrieben hat. Friedrich<br />

Simon Archenhold (1861-1939), der ideenreiche und unbeugsame Begründer unserer<br />

Sternwarte, erklärte bei der Einweihung des jetzigen Hauptgebäudes des Instituts im Jahre<br />

1909, die Warte möge ein Haus sein<br />

„von dem aus immer neues Licht hinausstrahlen und immer neue Erkenntnisse ihren Weg zu<br />

jedem einzelnen im Volke finden mögen. Wenn erst die Erkenntnis durchgedrungen sein wird,<br />

daß wir die heilige Pflicht haben, bei denen im Volke, die begabt sind, ein solches Feuer weiter<br />

zu schüren und ihnen den Weg zu ebnen, dann wird auch der Fortschritt der Wissenschaften ein<br />

noch größerer werden und alle die Wohltaten, die sich aus der Kenntnis der Naturgesetze ... in<br />

alle die verschiedenen Wege und Adern der Betätigung des Menschen ergießen, werden Gemeingut<br />

des gesamten Vaterlandes werden und in Zukunft alle an Erkenntnis ... der Natur reicher<br />

machen“ /1/.<br />

Dieses emphatisch formulierte Programm klingt – würde man es ein wenig nüchterner<br />

formulieren – sehr modern. Es berührt Fragen, die auch gegenwärtig wieder die Gesellschaft<br />

und diese Tagung bewegen.<br />

Archenhold hatte eine Vision, die er – unter oftmals sehr schwierigen äußeren Bedingungen<br />

– beharrlich umsetzte: Wissen und Denken in die Gesellschaft tragen. Er entwickelte<br />

ein umfangreiches Programmangebot, das von Vorträgen und Beobachtungsabenden bis<br />

zur Gründung einer eigenen allgemein verständlichen wissenschaftlichen Zeitschrift führte.<br />

Er betrat Neuland, indem er die Faszination der bewegten Bilder des Films für die Wissensvermittlung<br />

einsetzte und hier ein Himmelskundliches Museum schuf, das interessante<br />

Schaustücke mit aussagekräftigen Experimenten verknüpfte, eine Art Deutsches Museum<br />

zu München in astronomischer Miniatur-Ausgabe.<br />

Von besonderer Ausstrahlung waren die Vorträge berühmter Gelehrter, die Archenhold in<br />

diesen Saal eingeladen hat, unter ihnen die Polarforscher Roald Amundsen und Fridjof<br />

Nansen, den Schöpfer der Kontinentalverschiebungstheorie Alfred Wegener, den Raketenpionier<br />

Hermann Oberth, den Vorreiter der Fernsehtechnik Manfred von Ardenne und<br />

viele andere. Die herausragende Gestalt unter den Schöpfern der modernen Wissenschaft,<br />

die in diesem Saale redeten, war zweifellos Albert Einstein. Er erläuterte hier <strong>zum</strong> ersten<br />

Mal in Berlin seine Allgemeine Relativitätstheorie, noch ehe sie seinen wissenschaftlichen<br />

Kollegen als Publikation vorlag.<br />

Dem von Archenhold formulierten Auftrag ist diese Sternwarte stets treu geblieben, bis auf die<br />

schandvolle Zeit der Naziherrschaft. Denn die Machthaber des Dritten Reiches haben die jüdische<br />

Familie Archenhold aus dem Werk ihres Lebens vertrieben, in Konzentrationslagern umgebracht<br />

oder in die Emigration gezwungen. Die Oberaufsicht führte danach ein der Astronomie<br />

völlig unkundiger Beamter der Berliner Schulverwaltung des Braunen Regimes /2/.<br />

In der DDR erlebte die Sternwarte unter meinem Amtsvorgänger Diedrich Wattenberg<br />

eine Renaissance. Besonders nach der Einführung des Schulfaches Astronomie an allen

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