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164 KULTURELLE BILDUNG UND BILDUNGSREFORM<br />

2. ZUR NOTWENDIGKEIT VON BILDUNG UND ERZIEHUNG<br />

– EINE ANTHROPOLOGISCHE SKIZZE<br />

Der Mensch ist Produkt einer langen Geschichte, in der es ihm als einziger Gattung gelungen<br />

ist, die Naturgesetze der Evolution zu durchbrechen, indem er die Fähigkeit entwickelt<br />

hat, seine Geschichte selbst zu machen. Man geht davon aus, dass bei einem Alter der Erde<br />

von etwa fünf Milliarden Jahren vor ca. drei Milliarden Jahren Leben entstanden ist. Die<br />

ältesten Fossilien niederster Pflanzen sind etwa zwei Milliarden Jahre alt. Die ersten Säugetiere<br />

tauchten von 180 Mio. Jahren auf, das Tier-Mensch-Übergangsfeld beginnt mit einer<br />

Dauer von 400.00 bis 600.000 Generationen vor etwa 10 bis 15 Mio. Jahren. Die unmittelbare<br />

Abstammungsgeschichte des Menschen beginnt vor drei Mio. Jahren. Bislang galt<br />

„Lucy“, ein Fund im mittleren Afrika mit einem Alter von einer Mio. Jahren, als ältester<br />

Ahn, inzwischen gibt es einen zwei Mio. Jahre alten Fund. Vor 100.000 Jahren wurden die<br />

Neandertaler durch den schlaueren, in Gruppen organisierten homo sapiens verdrängt.<br />

Seit der letzten Eiszeit wird die weitere Entwicklung der Menschheit durch Werkzeug- und<br />

Kunstfunde sowie durch den Nachweis kultischer Stätten dokumentiert. Die älteste „Hochkultur“<br />

gibt es vor 6000 Jahren in Mesopotamien. Vor 3500 Jahren beginnt die chinesische,<br />

vor 3000 Jahren die griechische Zivilisation. Erst 350 Jahre ist die neuzeitliche naturwissenschaftliche<br />

Forschung alt. Die industrielle Revolution ist gerade 200 Jahre her, die<br />

digitale Revolution dürften alle LeserInnen miterlebt haben (vgl. Liedtke 1991).<br />

Der Mensch wurde <strong>zum</strong> Menschen durch einige anthropologische „Grundgesetze“:<br />

· Das Gesetz der Aneignung und Vergegenständlichung, bei dem geistige Kräfte zur Formung<br />

und Gestaltung der gegenständlichen Umwelt genutzt wurden, durch deren tätigen Gebrauch<br />

andere Menschen die dahinter stehenden Grundideen wiederum erwerben konnten,<br />

· so entstand eine kumulative Anhäufung von Fähigkeiten und Wissen, so dass nicht jede<br />

Generation neu beginnen musste.<br />

· Der Mensch wird unfertig, aber mit einem breiten Spektrum an Möglichkeiten geboren,<br />

so dass eine zweite „soziokulturelle Geburt“ nötig ist. Voraussetzung dafür ist seine Lernfähigkeit.<br />

Das sind also drei weithin akzeptierte, pädagogisch relevante anthropologische Erkenntnisse:<br />

Der Mensch ist lernfähig.<br />

Der Mensch ist allerdings auch lernbedürftig, und<br />

Lernen findet immer schon statt.<br />

Was letztlich das entscheidende Merkmal ist, das den Menschen vom Tier unterscheidet,<br />

wird nach wie vor kontrovers diskutiert: Werkzeugherstellung, Sprache, Bewusstheit, Wünsche<br />

zu haben und ein reflexives Verhältnis dazu entwickeln zu können, Selbstdeutung und<br />

-interpretation, bewusste Gestaltung des Lebens („Lebensführung“), Fähigkeit zur Selbstreflexion<br />

und „exzentrische Positionalität“ (Plessner), Empathie, Phantasie, Kunst, Religion,<br />

Bewusstsein der Endlichkeit seines Daseins etc. etc.<br />

In jedem Fall ist die Aufgabe, dass der junge Mensch erst „werden muss, was er ist“, wobei<br />

das, „was er ist“, im Zeitablauf und im <strong>Kultur</strong>vergleich durchaus schwankt. Die anthropologische<br />

Notwendigkeit von Bildung und Erziehung, der Tatbestand, dass der Mensch grundsätzlich<br />

ein lernendes Verhältnis zur Welt hat, dass Weltgestaltung und Selbstgestaltung<br />

Hand in Hand gehen, ist unstrittig: Pädagogik hat hierin ihre anthropologische Grundlage

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