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300 KULTURELLE BILDUNG UND BILDUNGSREFORM<br />

umfassenden Schul- und Bildungsreform befinden. Wichtig sind Dinge, die Ihnen nicht<br />

helfen: Bildungsstandards, Evaluation, Leistungssteigerung in Mathematik, Integration der<br />

Migranten, Förderung der Benachteiligten.<br />

Musische Bildung gehört heute nicht zu den beachteten Feldern der Schule. Ihre Frage richtet<br />

sich an den Teil der Bildung, der in der unmittelbaren Nützlichkeit nicht aufgeht. Musizieren,<br />

Malen, Theater spielen – das ist für das Fortkommen der meisten Jugendlichen von geringem<br />

Nutzen, jedenfalls auf den ersten Blick. Die Stellung der musischen Fächer in der Schule ist<br />

mehrfach gefährdet – sie haben begrenzten Nutzen, sie haben keine starke gesellschaftliche<br />

Unterstützung und sie gehören nicht <strong>zum</strong> PISA-Kern. Ob diese Form der Bildung, die je nach<br />

Betrachtung ein bis zwei Jahrhunderte alt ist und in der <strong>zum</strong>indest die meisten von uns Älteren,<br />

die sie lieben, aufgewachsen sind, weiterhin Bestand haben wird, ob sie sich stärker oder schwächer<br />

wandeln wird, dies alles scheint mir nicht ausgemacht zu sein. Auf jeden Fall scheint es mir<br />

nützlich zu sein, sie als etwas Kostbares zu betrachten, dessen Zukunft ungewiss ist.<br />

Musische Bildung soll junge Menschen <strong>zum</strong> aktiven, <strong>zum</strong>indest aber passiven Umgang mit<br />

musischer <strong>Kultur</strong> führen oder in diesem Umgang bestätigen. Dass Sie mir dieses Thema<br />

gestellt haben, geschah allerdings nicht aus genuin pädagogischen Gründen. Sie sind eine<br />

Interessenorganisation der <strong>Kultur</strong> und bemühen sich um deren bessere Anerkennung. Da<br />

dies zunehmend schwieriger wird, wenden Sie sich an die Schule – Sie handeln nicht anders<br />

als viele andere Interessenverbände: die letzte Rettung ist immer die Schule. Wenn man<br />

Kinder und Jugendliche nur richtig beeinflusst, dann scheint der Weg in die Zukunft sicher<br />

zu sein. Wäre eine Sache in sich stark genug, bedürfte es dieses Umweges nicht. Ich halte<br />

Ihr Vorgehen für legitim, meine aber dennoch, dass seine Logik ausgesprochen und abgeklopft<br />

werden muss. Schule darf sich nicht fremden Zwecken unterwerfen. Sie hat den<br />

Auftrag, Kinder und Jugendliche bestmöglichst zu fördern. Wer den Musen in ihr einen<br />

besseren Platz als heute verschaffen will, muss gute Argumente haben, um sei es Zusätzliches<br />

in die Schule zu bringen, sei es bisher dort Angesiedeltes zu verdrängen. Ein Doppeltes<br />

ist nachzuweisen: Musisches ist unerlässlich für Bildung, und: es ist mindestens so wichtig<br />

wie die ‚Hauptfächer’. Dafür reichen Nützlichkeitsargumente nicht aus, notwendig ist ein<br />

Bildungskonzept, in dem musische Bildung für jeden jungen Menschen zentral ist, es sich<br />

also nicht um einen wünschenswerten Luxus für die besseren Gymnasiasten handelt.<br />

Eine empirische Bestandsaufnahme der kulturellen Bildung in deutschen Schulen würde ein<br />

vielfältiges, teils ermutigendes, teils entmutigendes Bild zeigen. Es gibt großartige Beispiele, was<br />

Schulen leisten, wie sie Schülerinnen und Schüler fördern, gerade auch solche, die den ‚Musen’<br />

fern standen. Es gibt manche Entwicklungen, die eher auf eine Expansion musischer Betätigung<br />

hindeuten, ich erwähne etwa das Aufblühen bestimmter Privatschulen oder Therapieformen für<br />

Behinderte oder Kranke. Würde ich nun ein optimistisches Bild zeichnen, widersprächen Sie<br />

mir zu Recht. Unterricht der musischen Fächer wird gekürzt oder vernachlässigt, es fehlen Fachlehrer,<br />

die Öffentlichkeit hat keine hohen Erwartungen an die musischen ‚Leistungen’ der Schule.<br />

Die bildungspolitischen Diskussionen blenden diese Fächer aus. Diese Situation muss sich<br />

ändern. Es wäre schön, kulturelle Bildung würde <strong>zum</strong> Stolz einer jeden Schule wie auch des<br />

Schulwesens insgesamt. Dies ist schwer zu bewerkstelligen.<br />

Aktuell machen Sie sich Sorgen wegen PISA und seinen Auswirkungen. Auf den ersten Blick<br />

haben Sie allerdings unrecht. Aus PISA lässt sich kein kulturabwendender Bildungsbegriff herauslesen.<br />

PISA geht es um „Basiskompetenzen, die in modernen Gesellschaften für eine befriedigende<br />

Lebensführung in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht sowie für eine aktive Teilnahme<br />

am gesellschaftlichen Leben notwendig sind.“ 1 Zwar taucht hier das Wort <strong>Kultur</strong> nicht

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