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TAGUNG KULTURELLE BILDUNG 297<br />

Dieter Wunder<br />

KULTURELLE BILDUNG – MUSTERKNABE<br />

ODER STIEFKIND IN DER SCHULREFORM?<br />

Mit meinem Referat möchte ich, der ich ein Schul-, aber kein <strong>Kultur</strong>experte bin, aus<br />

schulpädagogischer Sicht Anregungen <strong>zum</strong> Weiterdenken über das Thema geben,<br />

keine endgültigen Feststellungen treffen. Daher traue ich mich auch, einseitige und zugespitzte<br />

Überlegungen zu äußern. Ich bette sie in allgemeinere Perspektiven <strong>zum</strong> <strong>Kultur</strong>und<br />

Staatsverständnis ein.<br />

I Das <strong>Kultur</strong>verständnis ist umstritten<br />

Sie haben mich gebeten, über die Rolle der kulturellen Bildung in der gegenwärtigen Schulreform<br />

zu sprechen. Ihr Auftrag setzt scheinbar ein ungebrochenes Verständnis der Schule<br />

von <strong>Kultur</strong> voraus – dies trifft aber nicht zu, wie wir alle wissen. Die Schule steht insofern<br />

mitten im Leben, als die Grundlagendiskussionen unserer Gesellschaft jeweils voll auf sie<br />

durchschlagen: Lehrpersonen sind zwar kein Spiegelbild der Gesellschaft, aber sie repräsentieren<br />

ihre Entwicklungen durchaus. Unsicherheiten über das Verständnis und die Bedeutung<br />

von <strong>Kultur</strong>, wie sie die Gesellschaft allenthalben zeigt, mögen bei ihnen sogar stärker<br />

spürbar sein als bei anderen Akademikergruppen, sie erleben beispielsweise Jugendliche<br />

und das Desinteresse vieler Jugendlicher an <strong>Kultur</strong> hautnah, sie kennen die Macht der<br />

Unterhaltungsindustrie und suchen darauf pädagogisch zu reagieren. Viele Lehrpersonen<br />

sind wichtige Träger von <strong>Kultur</strong>, viele aber haben sich auch von <strong>Kultur</strong> abgewandt.<br />

Ihnen ist natürlich aufgefallen, dass ich den Begriff <strong>Kultur</strong> bisher sehr naiv gebraucht habe.<br />

Denn der Begriff <strong>Kultur</strong> hat die enge Bedeutung, die ich unterstellt habe und die er einstmals<br />

in Deutschland hatte, zu recht verloren. Geht man vom Feuilleton großer Tageszeitungen<br />

aus, so ist er um Rock und Pop, um Fernsehshows und Ähnliches zu erweitern. Im heutigen<br />

wissenschaftlichen Begriff verstehen wir unter <strong>Kultur</strong> alle Hervorbringungen des Menschen,<br />

die Autoproduktion ebenso wie die Haushaltführung, den deutschen Politikstil wie die<br />

Verwaltung einer Stadt. Jede Bildung ist eo ipso kulturelle Bildung.<br />

Sie, liebe Zuhörer, legen mit Sicherheit Ihrem <strong>Kultur</strong>begriff ein modernes Verständnis<br />

zugrunde, Sie werden nach allen Seiten offen sein – dennoch vermute ich, wohl nicht zu<br />

unrecht, dass es Ihnen eigentlich um einen relativ traditionellen <strong>Kultur</strong>begriff geht. Dafür<br />

spricht die Zusammensetzung des Deutschen <strong>Kultur</strong>rates. In dieser Auslegung macht die<br />

Anfrage an mich Sinn. Unter kultureller Bildung versteht man normalerweise Kunst, Film<br />

und Video, Musik, Literatur, Theater und Tanz. Faktisch tendieren Sie zudem zu einem<br />

Begriff ‚höherer <strong>Kultur</strong>’, auch wenn Sie das Konzept <strong>Kultur</strong> für alle vertreten. Im Widerstreit<br />

der unterschiedlichen Verständnisse sollte man sich ehrlich und selbstbewusst zu einem<br />

solchen <strong>Kultur</strong>- und Bildungsverständnis im engeren Sinne bekennen: da mögen die<br />

Grenzen neu definiert werden, da mag vieles ins Rutschen geraten, aber, um es bildlich zu<br />

sagen, Helmut Lachenmann und Werner Tübke, die Museen moderner Kunst und das<br />

Feuilleton der FAZ, Überlegungen von Johannes Fried – all dies ist deutlich zu unterschei-

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