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Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück

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miserablen Effizienz dieses Systems. 316 Eine Verbesserung der Ernährungslage ließ<br />

sich in Deutschland nicht vor 1948/49 feststellen.<br />

1.2. Die politische Einstellung der Deutschen<br />

Im Deutschland der Nachkriegszeit entwickelte sich ein widersprüchliches<br />

politisches Stimmungsbild. Der verlorene Krieg und da<strong>durch</strong> bedingte<br />

Schockzustand bewegte einen Großteil der Bevölkerung zu einer Abkehr von jeder<br />

politischen Teilnahme. Der ideologischen Vereinnahmung <strong>durch</strong> die<br />

Nationalsozialisten folgte die verordnete Kehrtwende <strong>durch</strong> die Besatzungsmächte<br />

und im Zuge dessen die Entwertung der eigenen Vergangenheit. Es war die<br />

Traumatisierung eines ganzen Volkes:<br />

„Deutschland <strong>durch</strong>leidet die schwerste geistige Krise, die einem Volk widerfahren<br />

kann. Zynismus, Ernüchterung, ein unsteter Idealismus, Selbsterniedrigung und<br />

Selbstrechtfertigung stoßen auf unverständliche Weise im Denken der Deutschen<br />

aufeinander und rufen die größte Verwirrung hervor.“ 317<br />

Die Befreiung vom Nationalsozialismus war zunächst belegt mit Negativvokabeln<br />

wie Demontage, Entnazifizierung, Entmilitarisierung, Rückerziehung. Für viele<br />

Deutsche bedeutete die „Stunde Null“ der Rückzug auf den Mikrokosmos des<br />

persönlichen Umfelds. Die schlechten Lebensbedingungen banden die Energien im<br />

täglichen Existenzkampf. Die Frage nach der Kohlenzuteilung hatte größere<br />

Brisanz als der Aufbau von kommunalen Verwaltungen: „Das zarte Pflänzchen<br />

Demokratie hatte es schwer, Wurzeln zu schlagen. Eine tiefe politische Apathie lag<br />

über dem Land. Nach zwölf Jahren Totalitarismus und sechs Jahren Krieg hatte<br />

man ‚die Schnauze voll’.“ 318<br />

316 Vgl. Kleßmann, Die doppelte Staatsgründung, S. 49.<br />

317 Deutscher, The Observer 09.09.1945, in: <strong>Re</strong>portagen, S. 106.<br />

318 Jaenecke, Die Stunde Null, S. 29.<br />

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