09.01.2013 Aufrufe

Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück

Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück

Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

„Die Zensur wurde nur lax gehandhabt. Doch waren unsere Zensoren empfindlich<br />

oder vielleicht sogar ein wenig überempfindlich gegen alle ‚Nationalismen’, wobei<br />

sie ‚national’ nicht so recht von ‚nationalistisch’ unterschieden. Durch ein<br />

Rundschreiben wurde bestimmt, daß Friedrich der Große aufgehört habe, ‚der<br />

Große’ zu sein. Er sei, wenn er schon zitiert werden müsse, als Friedrich II. von<br />

Preußen zu bezeichnen“. 561<br />

Bei den Überlegungen zur Stellung des Senders im gesellschaftlichen Gefüge hatte<br />

die Besatzungsmacht daraufhin gearbeitet, dass der NWDR eine politisch<br />

unabhängige Institution würde. Zu gewährleisten war dies nur, wenn Personal und<br />

Programminhalte diesem Anspruch genügten. Ralph Poston, der Vorgänger Hugh<br />

Carleton Greenes als Chefcontroller des NWDR, machte dies in einem<br />

Rundschreiben an die Mitarbeiter 1945 klar: „Der Nordwestdeutsche <strong>Rundfunk</strong><br />

muss dafür bekannt sein, dass er politisch unparteiisch ist.“ 562 Dies bedeutete,<br />

dass die Berichterstattung des NWDR in Bezug auf politische Parteien ausgewogen<br />

sein musste – was von diesen immer wieder infrage gestellt wurde. Die Forderung<br />

nach politischer Unabhängigkeit wurde inhaltlich zur größten Belastungsprobe des<br />

NWDR.<br />

Kaum etwas war den Briten so wichtig wie das Prinzip der freien<br />

Meinungsäußerung: „Damals wollte man [...] die freie Meinungsäußerung fördern,<br />

besonders eine freie Meinungsäußerung auf politischem Gebiet. Wahrheitsgetreue<br />

Nachrichtengebung und dies waren, glaube ich, die wichtigsten Sachen.“ 563 Das<br />

<strong>Re</strong>cht auf freie Meinung wurde von den Mitarbeitern jener Zeit immer wieder<br />

hervorgehoben, nicht selten mit dem Hinweis, dass darin die Kritik an den Briten<br />

selbst inbegriffen war: „Nach und nach aber begriff die Öffentlichkeit: ‚Die am<br />

561<br />

Bamm, Eines Menschen Zeit, S. 388. Vgl. weitere Erfahrungsberichte der deutschen Mitarbeiter,<br />

z.B. Peter von Zahn, unveröff. NDR-Interview, November 2000, NDR-Fernseharchiv; Axel<br />

Eggebrecht an Programmdirektor Eberhard, Schütz, 13.1.48, StAHH/NDR 621-1/562.<br />

562<br />

Ralph Posten (Programme Chief), Rundschreiben an alle Angestellten, 29.12.1945, StAHH/NDR<br />

621-1/1387.<br />

563<br />

Hugh Carleton Greene in: Dr. Helmut Graf, Der Anfang (Materialsammlung Radio Hamburg und<br />

die Gründung des Nordwestdeutschen <strong>Rundfunk</strong>s – NWDR), 17.11.1977, S. 2, StAHH/NDR 621-<br />

1/1258.<br />

195

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!