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Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück

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„Sollte nicht auch der Deutsche fähig sein, sich andere politische Anschauungen<br />

anzuhören, ohne da<strong>durch</strong> verärgert zu werden, und wenn er heute noch nicht<br />

dazu fähig ist, könnte es nicht eine lohnende Aufgabe werden, ihn daran zu<br />

gewöhnen?“ 41<br />

Das Norag-Programm gab den Kontrollinstanzen kaum Anlass zu ernsthafter<br />

Zensur. Auch hatten Parteien und Verbände die <strong>Re</strong>levanz des Mediums noch nicht<br />

erfasst – ein Umstand, der sich mit den Nationalsozialisten ändern sollte. Die<br />

apolitische Haltung der frühen <strong>Rundfunk</strong>macher wurde ihnen später zum Vorwurf<br />

gemacht, als ein Ausweichen vor den Konflikten der Zeit und mangelndes<br />

Bekenntnis zur Weimarer <strong>Re</strong>publik. 42 Die Norag als „fruchtbringende Insel“, die<br />

dem Volk das gab, „was es sich wünschte“, 43 hatte die Vision, <strong>durch</strong> Ablenkung die<br />

Volksmoral zu heben. Dank derlei Eskapismus war die Norag publizistisch nie auf<br />

der Höhe der Zeit. Die politischen Auseinandersetzungen dieser Jahre 44 fanden<br />

keinen Eingang in das Programm der Norag, die publizistische Ausrichtung kam<br />

über ein provinzielles Niveau nicht hinaus. Die Chance, in einem „demokratischen<br />

Staat ohne gesichertes Staatsbewusstsein“ 45 einen Beitrag zur Stabilisierung zu<br />

leisten, wurde von der Norag als neues Massenmedium nicht wahrgenommen,<br />

41<br />

Hans Bredow, Der Mann des Aufbaus spricht <strong>durch</strong>s Mikrophon, in: Norag. Das Fünfte Jahr, S.<br />

15.<br />

42<br />

So z.B. der spätere NDR-Intendant Räuker gegenüber Kurt Stapelfeldt in: Ein <strong>Rundfunk</strong>pionier<br />

erinnert sich, N3-Sendung 02.05.1984; kritisch auch Deiters, Fenster zur Welt, S. 49. Bredow<br />

nimmt in seinen Memoiren Stellung zu diesem Vorwurf, vgl. Hans Bredow, Im Banne der<br />

Ätherwellen, Bd. II: Funk im Ersten Weltkriege, Entstehung des <strong>Rundfunk</strong>s, Stuttgart 1956, S. 289<br />

ff.<br />

43<br />

Kurt Stapelfeldt in: Ein <strong>Rundfunk</strong>pionier erinnert sich, N3-Sendung 02.05.1984.<br />

44<br />

Vgl. Kurt Sontheimer, Die politische Kultur der Weimarer <strong>Re</strong>publik, in: Bracher/Funke/Jacobsen<br />

(Hg.), Die Weimarer <strong>Re</strong>publik, S. 454-464; zur Streitkultur der Links- und <strong>Re</strong>chtsintellektuellen vgl.<br />

Walter Laqueur, Weimar. Die Kultur der <strong>Re</strong>publik, Frankfurt am Main/Berlin 1976, S. 62 ff.; zu den<br />

politischen Positionen verschiedener Publizisten vgl. Walter Müller-Seidel, Literarische Moderne und<br />

Weimarer <strong>Re</strong>publik, in: Bracher/Funke/Jacobsen (Hg.), Die Weimarer <strong>Re</strong>publik, S. 429-453.<br />

45<br />

Kurt Sontheimer, Antidemokratisches Denken in der Weimarer <strong>Re</strong>publik. Die politischen Ideen<br />

des deutschen Idealismus zwischen 1918 und 1933, München 1962, S. 19.<br />

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