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Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück

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Von vielen wurde die Misere den neuen politischen Verhältnissen angelastet. So<br />

meldete im Dezember 1945 eine Denkschrift im Auftrag der britischen<br />

Militärregierung das sinkende „Stimmungsbarometer“ der Bevölkerung, in der die<br />

schlechte Versorgungslage als größtes Hemmnis für die demokratische Idee<br />

aufgeführt wird. 319 Das Fehlen der persönlichen Sicherheit trat zu der<br />

Ungewissheit über das Schicksal Deutschlands, denn jede der Besatzungsmächte<br />

verfolgte in ihrer Zone ihren eigenen Kurs. Wenn daraus auch kein Volkszorn<br />

erwuchs, so wendeten sich doch viele Menschen in der „charakteristischen<br />

Atmosphäre einer stumpfen Apathie“ 320 angeekelt von der Politik ab. So fand sich,<br />

wer sich politisch engagieren wollte, enttäuscht vom Ausbleiben neuer<br />

Perspektiven. Ihren Ankündigungen nach einer demokratischen Ordnung ließen<br />

die Besatzer wenig erkennbare Taten folgen. Sie schienen mit der Organisation<br />

des Notwendigsten überfordert: „Es erwies sich in der Praxis, daß die Engländer,<br />

aber auch die anderen Besatzungsmächte, den außerordentlichen Aufgaben, die<br />

die Verwaltung unseres zerstörten Landes mit sich brachte, nicht gewachsen<br />

waren.“ 321 So wendete sich der Unmut der Bevölkerung gegen die Politik der<br />

Alliierten, die als selbstgerechte Besserwisser erlebt wurden. 322<br />

Der Rigorismus, mit dem die Besatzer die Entmilitarisierung und Entnazifizierung<br />

<strong>durch</strong>setzten, machte ihr Projekt der Demokratisierung unbeliebt. 323 So erklärt sich<br />

u.a., dass die Einstellung der Menschen zum Nationalsozialismus über Jahre positiv<br />

blieb. Aus Umfragen lässt sich die Tendenz ablesen, den Nationalsozialismus als<br />

gute Idee anzusehen – allerdings vom <strong>Re</strong>gime mangelhaft umgesetzt. 324 Dazu kam<br />

in den Westzonen eine wachsende Sympathie gegenüber der Sowjetmacht. Diese<br />

319 Vgl. ebd., S. 54.<br />

320 Deutscher, The Observer 19.08.1945, in: <strong>Re</strong>portagen, S. 51.<br />

321 Adenauer, Erinnerungen, S. 58.<br />

322 In Hamburg führte das zeitweilige Vorhaben der Militärregierung, ein zentrales Hauptquartier in<br />

Hamburg auf Kosten von zehntausenden zu evakuierenden Hamburgern einzurichten, zu heftigen<br />

Protesten der Bevölkerung und einer gravierenden Krise der Besatzungsmacht, vgl. Schildt, Das<br />

„Hamburg Project“, S. 137 ff.<br />

323 Vgl. Ursula Büttner, Zur Einführung, in: dies./ Nellesen (Hg.), Die zweite Chance, S. 11.<br />

324 Deutscher, in: <strong>Re</strong>portagen, S. 181.<br />

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