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Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück

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Sendesaal sah aus wie ein Heerlager. In allen Gängen patrouillierten Posten mit<br />

Maschinenpistolen. – 1. Sprecher: Zu tun gab es wohl nicht viel? – Techniker: Im<br />

Gegenteil! Gleich am nächsten Morgen, also am 4. Mai, wurden alle Anlagen<br />

gründlich geprüft. Nachmittags machte der leitende britische Techniker, ein Major,<br />

eine erste Probe.“ 367<br />

Die Schilderung legt nahe, dass die Übernahme der Radiohoheit in<br />

Norddeutschland nicht planlos vor sich ging, und in der Tat waren die britischen<br />

Offiziere vorbereitet worden. 368 Prompt gingen sie daran, mit Hilfe des deutschen<br />

Technikpersonals den Sender wieder in Betrieb zu nehmen, was ihnen am Abend<br />

des 04.05.1945 gelang, weniger als 24 Stunden nach der letzten Ausstrahlung des<br />

<strong>Re</strong>ichssenders. Die erste Ansage machte die neuen Herrschaftsverhältnisse klar:<br />

„This is Radio Hamburg, a station of the Allied Military Government. Hier spricht,<br />

Hamburg, ein Sender der Alliierten Militärregierung.“ 369<br />

Nach der reibungslosen Übernahme beschränkte sich Radio Hamburg auf ein<br />

minimalistisches Rumpfprogramm. Der Sendeablauf vom 09.05.1945 verzeichnet<br />

von 16:30 bis 22:30 Uhr Musik, mehrsprachige Nachrichten sowie Aufrufe<br />

(„Announcements“) der Militärregierung an die Bevölkerung. 370 Auf diesem Niveau<br />

stagnierte das Programm viele Wochen. Die Befindlichkeit des britischen<br />

Militärgouverneurs Montgomery gegenüber dem Alliierten Oberkommando SHAEF,<br />

367<br />

Axel Eggebrecht, Sieben Tage im Mai. Zweiter Teil: Vier Jahre NWDR, Manuskript des Hörspiels<br />

vom 01.05.1949, StA HH/NDR 621-1/1166.<br />

368<br />

Kutsch nennt Kurse in deutscher Sprache, Geschichte sowie Psychologie, vgl. <strong>Rundfunk</strong> unter<br />

alliierter Besatzung, S. 84.; vgl. auch Görgen, Der britische Einfluß, S. 109.<br />

369<br />

Besetzung des <strong>Re</strong>ichssenders Hamburg „Germany Calling“, 04.05.1945, NDR-Wortarchiv<br />

WR23494. Die Übernahme des Senders Hamburg führte zu der kuriosen Situation, dass über den<br />

Nebensender Flensburg die deutsche Admiralität um Großadmiral Dönitz parallel dazu<br />

Wehrmachtsberichte und Soldatenlieder sendete. So stammt die letzte Luftlagemeldung von<br />

Bomberverbänden im NDR-Wortarchiv vom 08.05.1945 (F810891). Am gleichen Tag verkündete<br />

Dönitz über diesen Sender die deutsche Kapitulation (F805164).<br />

370<br />

Radio Hamburg, Programme Summary for Wednesday 9 May 45, StA HH/NDR 621-1/1126; vgl.<br />

Eggebrecht, Sieben Tage im Mai, StA HH/NDR 621-1/1166: „Na – Programm ist ein bisschen<br />

übertrieben. Nehmen wir als Beispiel den 12. Mai: Sendezeit – fünf Stunden, von 17.00 bis 22.00.<br />

Nachrichten in englischer, französischer, polnischer, russischer, holländischer, tschechischer und<br />

italienischer Sprache. Einige Mitteilungen in deutscher Sprache, nämlich: Anordnungen der<br />

Militärregierung über das abendliche Ausgehverbot, den ‚curfew’, Aufrufe an Elektroarbeiter,<br />

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