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Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück

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schien eine effizientere Aufbauarbeit in ihrer Zone zu betreiben. Dagegen würden<br />

in den Augen der Bevölkerung<br />

„die angelsächsischen Nationen sich wie nach 1918 faktisch und ideologisch, aus<br />

Furcht vor unangenehmen Verantwortungen, aber vor allem auch organisatorisch<br />

[...] zurückziehen, was sich jetzt schon in ihrer geringen politischen und<br />

organisatorischen Aktivität zeige.“ 325<br />

Insgesamt trafen die Besatzungstruppen auf eine diffuse Gemengelage an<br />

politischen Einstellungen, renitenten Verhaltensmustern und Lethargie. Die<br />

Aufgabe, die Deutschen zu politischer Mitverantwortung zu erziehen, war da<strong>durch</strong><br />

komplizierter als wenn sie sich mehrheitlich als dogmatische Nazis erwiesen<br />

hätten. Die Besatzer begriffen, dass sich die politische Mentalität nicht losgelöst<br />

von den äußeren Lebensbedingungen erneuern ließ. Ebenso mussten sie erfahren,<br />

dass ihr eigenes Verhalten Einfluss auf die Überzeugungen der Besiegten hatte:<br />

„Was not tut, ist ein offener und ehrlicher Meinungsaustausch über Vergangenheit<br />

und Gegenwart. [...] Das kann für die Deutschen nur von Deutschen selbst<br />

geleistet werden. Die geistige Krise Deutschlands mit der Presse der<br />

Militärregierung zu behandeln, heißt Kopfschmerztabletten gegen Krebs zu<br />

verschreiben.“ 326<br />

Die Wirkung der in den britischen Behörden ersonnenen <strong>Re</strong>-<strong>education</strong> war also<br />

von einer großen Zahl von externen Faktoren abhängig.<br />

325 Denkschrift-Entwurf des führenden SPD-Politikers Carlo Schmid vom 19.07.1945 in: Johannes<br />

Volker Wagner, Deutschland nach dem Krieg: Kapitulation, Neubeginn, Teilung. Eine illustrierte<br />

Dokumentation, Bochum 1975, S. 141. Ähnlich Margret Boveri: „Zwar bin ich immer weiter<br />

überzeugt, dass die Zukunft bei den Russen liegt, weil sie eine Politik haben und wissen, was sie<br />

wollen, während die Westmächte keine konstruktive Politik haben und nur wissen, was sie nicht<br />

wollen.“, in: Tage des Überlebens. Berlin 1945, neu <strong>durch</strong>ges. Aufl., München 1970, S. 139.<br />

326 Deutscher, The Observer 09.09.1945, in: <strong>Re</strong>portagen, S. 106 f.<br />

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