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Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück

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philosophischen Ideen ineffektiv bleiben. <strong>Re</strong>chtsstaat statt <strong>Re</strong>alpolitik,<br />

Pragmatismus statt Idealismus, Konstitutionalismus statt Etatismus: 255 in solchen<br />

Kategorien sollten die Deutschen zu denken lernen. Auf dieser weltanschaulichen<br />

Folie konnten sie politische Verantwortung zu tragen beginnen: „The long-term<br />

objective is to awaken in Germany individually and collectively a sense of<br />

responsibility, an interest in the ideas of representative and responsible<br />

government!” 256 Schließlich war es ja der Mangel an Verantwortungsbereitschaft,<br />

der den Deutschen unter dem Nazi-<strong>Re</strong>gime am Ende zum Verhängnis geworden<br />

war: „What was really needed was the development of a sense of personal<br />

responsibility in politics.“ 257 Erst wenn jeder einzelne sich seiner politischen <strong>Re</strong>chte<br />

und Pflichten bewusst wäre, könnte das Land im Sinne eines „responsible<br />

government“ regiert werden. Zugleich lag darin der Schlüssel zum Wandel<br />

Deutschlands vom zentralistischen Führerstaat zum dezentralisierten Bundesstaat,<br />

wie er in den Beschlüssen von Potsdam im August 1945 festgelegt war. In einem<br />

föderalen System war das Verständnis für Selbstverwaltung und<br />

Selbstverantwortung eine notwendige Bedingung. 258 Die Aufgabe der <strong>Re</strong>-<br />

<strong>education</strong> war es, 22 Millionen Menschen einen Kurs in Basisdemokratie zu<br />

verabreichen. 259<br />

Die politische Umerziehung sollte nicht losgelöst von den geistigen Traditionen<br />

Deutschlands operieren. Schließlich waren im deutschen Geistesleben von den<br />

Humanisten bis zu Goethe und Humboldt vorbildhafte liberale und demokratische<br />

Traditionslinien auszumachen. Diese Tradition sollte der Bevölkerung die<br />

Identifikation mit ihrem neuen Staatswesen erleichtern. Auch war es also Ziel der<br />

<strong>Re</strong>-<strong>education</strong>, den Deutschen ihre eigene vernachlässigte Tradition<br />

nahezubringen: „Every means should be taken to persuade the Germans that they<br />

255<br />

Vgl. Pronay, ‘To Stamp out the Whole Tradition’, S. 1.<br />

256<br />

Vortrag von M. Walker am 19.03.1947 auf einer britischen Erzieher-Tagung über die<br />

Erfahrungen mit der Umerziehung in Deutschland, zit. n. Jürgensen, Zum Problem der „Political <strong>Re</strong><strong>education</strong>“,<br />

S. 118.<br />

257<br />

So urteilte Robert Birley am 24.04.1963, zit. n. Jürgensen, Zum Problem der „Political <strong>Re</strong><strong>education</strong>“,<br />

S. 118.<br />

258<br />

Vgl. Jürgensen, Zum Problem der „Political <strong>Re</strong>-<strong>education</strong>“, S. 119 ff.<br />

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