Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück
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aufgefordert. 733 Mitte Oktober 1948 verfasste Greene ein Übergabeschreiben an<br />
seinen Nachfolger Grimme, in dem er auf die künftigen Aufgaben des britischen<br />
Personals abhob. Die Programmkontrolle erklärte er für beendet, ein letztes<br />
„Interventions- und Vetorecht“ 734 sowie eine Prüfung der Manuskripte nach der<br />
Sendung beschrieb er als theoretische Formalitäten. Um alle Zweifel an der<br />
Souveränität Grimmes auszuräumen, sollte dieser mit einem „flying start“ 735 in<br />
sein Amt eingeführt werden: „Um Ihren Auftritt besonders zu markieren, wird die<br />
Vor-Zensur aller Programme, einschliesslich der Nachrichten, aufgehoben. Dieses<br />
wird öffentlich bekanntgegeben.“ 736<br />
Lediglich in der Personalpolitik des NWDR, die die Briten als wichtigstes<br />
Lenkungsinstrument betrachtet hatten, behielten sie sich ein aktives<br />
Kontrollmandat vor: „Die politische Überwachung bei der Einstellung von Personal<br />
wird letzten Endes eine britische Verantwortlichkeit bleiben.“ 737 Tatsächlich blieb<br />
die politische Einstellung und Vorbelastung der deutschen NWDR-Mitarbeiter ein<br />
sensibler Punkt, an dem die Besatzer den demokratischen Kurs des Senders am<br />
ehesten gefährdet sahen. Weiterhin oblag die Überprüfung von Bewerbern dem<br />
Kontrolloffizier des Funkhauses. Wiederholt kam es in den Monaten nach der<br />
Übergabe zu personaltaktischen Interventionen 738 und zu Ermahnungen an die<br />
731 PR/ISC hatte als Übergabetermin den 01.10.1948 anvisiert, der nur um wenige Wochen verfehlt<br />
wurde, vgl. G.R. Gauntlett (Headquarters, PR/ISC Group) an Chief of Staff (HQ), Flag A: The Future<br />
of Broadcasting in the British Zone, 18.11.1947, PRO/FO 1049/791. Zur Bedeutung der VO 118 vgl.<br />
Geserick, Vom NWDR zum NDR, S. 150 f.<br />
732 G.R. Gauntlett (Chief ISD) an Military Governor, 18.09.1948, PRO/FO 1056/275.<br />
733 “I have just received the following note from the Military Governor: ‘I agree that we should not<br />
exercise pre-censorship of NWDR. It should be made plain that we reserve the right to exercise it<br />
again at our discretion.’ No doubt you will be able to comply with the requirement of the second<br />
sentence in a tactful amendment to your draft letter to Herr Grimme.”, G.R. Gauntlett (Chief ISD)<br />
an Hugh Carleton Greene (Broadcasting Branch), 02.10.1948, PRO/FO 1056/275.<br />
734 Hugh Carleton Greene (Director Broadcasting Branch Hamburg) an Adolf Grimme<br />
(Kultusministerium Hannover), 12.10.1948, PRO/FO 1056/275.<br />
735 G.R. Gauntlett (Chief ISD) an Military Governor, 18.09.1948, PRO/FO 1056/275.<br />
736 Greene an Grimme, 12.10.1948, PRO/FO 1056/275.<br />
737 Ebd. Vgl. die ähnlich lautende Mitteilung Grimmes, dass „die politische Überprüfung in Zukunft<br />
in den einzelnen Häusern des NWDR <strong>durch</strong> den britischen Controlloffizier und den Intendanten<br />
erfolgt.“, Protokolle der Chefbesprechungen, 25.02.1949. S. 2, TOP 10, StAHH/NDR 621-1/1290.<br />
738 Z.B. im Fall des Komponisten Norbert Schulze, der vom britischen Controller Huet-Owen als<br />
„politisch sehr stark belastet“ erklärt wurde und somit einem teilweisen Bespielungsverbot im<br />
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