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Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück

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Das Ringen um ein staatsfernes, politikunabhängiges Statut des NWDR, das der<br />

Verordnung Nr. 118 voranging, wurde in Teilen der Hörerschaft aufmerksam<br />

verfolgt. Die Sorge, der neue Sender könne an die Politik verloren gehen,<br />

spiegelte sich in zahlreichen Schreiben an den NWDR:<br />

„Wenn die Parteien Vertreter in den Hauptausschuß senden werden, so werden<br />

diese ohne Zweifel zuerst die Anliegen ihrer Partei und erst in zweiter Linie sachli-<br />

che Anliegen vertreten. [...] Überparteilichkeit des <strong>Rundfunk</strong>s ist ein unaufgeb-<br />

bares Gebot, wenn wir unser Volk in echtem demokratischem Sinne erziehen<br />

wollen.“ 703<br />

Insgesamt belegten die <strong>Re</strong>aktionen des Publikums ein breites Spektrum von<br />

dumpfer <strong>Re</strong>signation über Ablehnung alles Ungewohnten bis zu euphorischer<br />

Begeisterung über neue Formen. Immer wieder meldeten sich Hörer, die die<br />

Umerziehung als doppelbödige Zwangsverordnung der Sieger empfanden. 704 In<br />

ihren Stimmungsberichten stellten die Briten mit wachsender Beunruhigung diese<br />

Widersprüchlichkeit fest:<br />

“It is extremely important to estimate the size and location of the ‘Hard Core of<br />

<strong>Re</strong>sistance’ to democratic ideas which undoubtebly exists in Germany today. This<br />

‘Hard Core’ includes all those people who never have a good word to say about<br />

the English, people who ostracise our emloyees, who scoff at our intentions and<br />

702 ISC Branch, German <strong>Re</strong>action <strong>Re</strong>port No. 12, 28.01.1947, S. 5, PRO/FO 1056/93.<br />

703 Studienrat Hans Brodersen an Hauptverwaltung NWDR, 08.01.1948, StAHH/NDR 621-1/16. „Der<br />

<strong>Rundfunk</strong> soll neutral sein und bleiben. Ich denke noch mit Schrecken daran, wie sich die Tarteien<br />

[!] s.Zt. zum Programm geäussert haben.“, Oskar Bombitzki an Leitung NWDR, 05.01.1948,<br />

StAHH/NDR 621-1/16. Zum Vorbild des britischen <strong>Rundfunk</strong>systems: „Nur will ich nicht begreifen,<br />

dass was für den <strong>Rundfunk</strong> in England gut und möglich ist, nicht auch für uns von Nutzen sein<br />

kann. Wird der <strong>Rundfunk</strong> das Sprachrohr der Partei dann, ja dann ist das gleiche wieder da, was<br />

wir kaum überstanden haben.“, Paul Deutscher an Generaldirektor des <strong>Rundfunk</strong>s Hamburg,<br />

05.01.1948, StAHH/NDR 621-1/16.<br />

704 „Wenn die Demokratie, die sie uns so schön predigen, so aussieht, dass sie uns alles nimmt,<br />

dass wir überhaupt kein <strong>Re</strong>cht mehr haben und dabei uns noch hungern und frieren lassen, dann<br />

wird eines guten Tages der Papierkragen platzen und die Bevölkerung, die zur Verzweiflung<br />

getrieben ist, aufstehen.“, Anonymer Hörer an Peter von Zahn, StAHH/NDR 621-1/1516.<br />

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