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Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück

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ungünstig nicht. [...] Nur Narren noch halten an der Idee fest, aus der<br />

zusammengebrochenen Tyrannei irgend etwas retten zu wollen.“ 532<br />

Beim NWDR leitete Bamm die aktuelle Sendung „Streiflichter der Zeit“, die täglich<br />

am frühen Abend mit fünf bis sechs kurzen, feuilletonistisch geprägten<br />

Nachrichten-Stücken über die Ereignisse des Tages informierte. Dass ein<br />

Schriftsteller eine so wichtige Nachrichtensendung betreute, hatte auch mit der<br />

sprachlichen Dimension von <strong>Re</strong>-<strong>education</strong> zu tun, da die britische Zensur<br />

insbesondere beim allgegenwärtigen NS-Jargon ansetzten. Bamm hatte rasch die<br />

politische Notwendigkeit der britischen Sprachkontrolle begriffen, die sich gegen<br />

die unreflektierte Verwendung propagandistischer oder apologetischer<br />

Schlagworte richtete. Diese u.a. von Everitt persönlich überwachte Begriffszensur<br />

fand Bamms Zustimmung: „Ein Verdienst war es, dass auch ‚unselige Krieg’ auf<br />

die Liste der unerlaubten Formulierungen gesetzt wurde. Es war ein typisches<br />

Tarnwort für Verbrechen, an denen niemand schuld sein wollte.“ 533<br />

Zwar ließ Bamm keinen Zweifel daran, dass er dem demokratischen Neuaufbau<br />

des Senders und des Landes positiv gegenüberstand. Gleichzeitig erfasste er bald<br />

die grundlegenden Widersprüchlichkeiten im <strong>Re</strong>-<strong>education</strong>-Konzept der Briten:<br />

„Unsere Zusammenarbeit mit den Engländern begann im ironischen Licht<br />

zahlreicher Paradoxien. Sie waren unsere Befreier, zugleich aber auch<br />

Besatzungsmacht.“ 534 Die Befreier vom NS-Zwangsregime leiteten die neue<br />

demokratische Freiheit mit einem Kontrollsystem ein, das im Gegensatz zur Idee<br />

von der selbstbestimmten politischen Entwicklung stand. Die Paradoxie im Konzept<br />

der <strong>Re</strong>-<strong>education</strong> lag laut Bamm darin, dass es weniger beim umzuerziehenden<br />

deutschen Volk, sondern zunächst bei den als Umerziehern ausgesuchten NWDR-<br />

Mitarbeitern ansetzte:<br />

532 Ebd.<br />

533 Ebd., S. 389. Von den Schriftstellern und Journalisten, die für seine Sendung arbeiteten, sagte<br />

Bamm: „Das Deutsch, in dem sie schrieben, mußte fast immer einer kräftigen Überarbeitung<br />

unterzogen werden.“, ebd.; vgl. von Zahn, Stimme der ersten Stunde, S. 256.<br />

534 Ebd., S. 387.<br />

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