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Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück

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sind nie nach drinnen gekommen. Wir waren insofern eine Insel.“ 37 Während die<br />

Parteien sich im <strong>Re</strong>ichstag befehdeten, während Notverordnungen das<br />

parlamentarische System aushöhlten und der Terror von rechts und links das Land<br />

an den Rand des Bürgerkriegs brachte, 38 sendete die Norag Beiträge wie „Was<br />

tanzten unsere Urväter?“. 39 Dennoch erwies sich die Vorstellung, dass politische<br />

Einflüsse vom <strong>Rundfunk</strong>geschehen fernzuhalten seien, als Illusion. Das Kabinett<br />

von Papen setzte dem Inseldasein des <strong>Rundfunk</strong>s ein Ende. Ein Erlass vom<br />

11.06.1932 verfügte die Einrichtung einer „Stunde der <strong>Re</strong>ichsregierung“, in der<br />

über alle deutschen <strong>Rundfunk</strong>sender ohne redaktionelle Mitbestimmung politische<br />

Verlautbarungen verbreitet werden konnten. Die im Juli 1932 verabschiedete<br />

Neuorganisation des <strong>Rundfunk</strong>s in Deutschland verschärfte die staatliche Kontrolle<br />

und machte die Sender als konservative Sprachrohre gefügig: „Der <strong>Rundfunk</strong> stellt<br />

die Hörer in sachlicher Weise vor die politische Wirklichkeit und sucht ihnen aus<br />

der Fülle der Spannungen in unserem Volke das Große und Einigende deutlich zu<br />

machen.“ 40 Die Umsetzung dieser Leitsätze bedeutete, dass die Ära des<br />

schöngeistigen Kulturradios in Norddeutschland beendet war.<br />

Obwohl sich die Norag in den knapp zehn Jahren ihres Bestehens für die<br />

gesellschaftliche Bildung engagiert hatte, blieb die politische Bildung<br />

ausgeblendet. Den Gründervätern des <strong>Rundfunk</strong>s galt das Prinzip der politischen<br />

Abstinenz als Bedingung für die Entwicklung des Mediums. Den wichtigsten<br />

Befürworter dieses Prinzips Hans Bredow beschlichen allerdings bald Zweifel:<br />

37 Der damalige Hauptfunkleiter Kurt Stapelfeldt in: Ein <strong>Rundfunk</strong>pionier erinnert sich. Norag-<br />

Sendeleiter Dr. Kurt Stapelfeldt im Gespräch mit NDR-Intendant Friedrich-Wilhelm Räuker, N3-<br />

Sendung vom 02.05.1984, NDR-Fernseharchiv 1041093.<br />

38 Zu den Verfallserscheinungen der Weimarer <strong>Re</strong>publik vgl. Manfred Funke, <strong>Re</strong>publik im<br />

Untergang. Die Zerstörung des Parlamentarismus als Vorbereitung der Diktatur, in: Karl Dietrich<br />

Bracher/Manfred Funke/Hans-Adolf Jacobsen (Hg.), Die Weimarer <strong>Re</strong>publik 1918-1933. Politik –<br />

Wirtschaft – Gesellschaft, 2. <strong>durch</strong>ges. Aufl., Bonn 1988 (= Studien zur Geschichte und Politik, Bd.<br />

251), S. 505-531; Heinrich August Winkler, Weimar 1918 – 1933: die Geschichte der ersten<br />

deutschen Demokratie, <strong>durch</strong>ges. Aufl., München 1988; ders., Der lange Weg nach Westen, Bd. 1:<br />

Deutsche Geschichte vom Ende des Alten <strong>Re</strong>iches bis zum Untergang der Weimarer <strong>Re</strong>publik,<br />

München 2000.<br />

39 Vgl. die Themenübersicht „Im Jahre 1930 von Hamburg gesendete Programme“ in: Norag-<br />

Geschäftsbericht 1930, S. 73 ff. In der Rubrik „Aktuelle Vorträge“ hatten im ersten Halbjahr 1930<br />

vier von dreißig Sendungen innenpolitischen Inhalt, vgl. Norag-Geschäftsbericht 1930, S. 77.<br />

40 Ebd., S. 79.<br />

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