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Re-education durch Rundfunk - repOSitorium - Universität Osnabrück

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provisorisch ausnahm. 166 Erschwerend kam hinzu, dass die 21. Armeegruppe unter<br />

Feldmarschall Montgomery dem Alliierten Oberkommando voller Argwohn<br />

gegenüberstanden. Dieser für Montgomery notorische Eigensinn führte dazu, dass<br />

die PWD in der britischen Zone praktisch boykottiert wurde, ohne dass eine<br />

Alternative vorlag. So mehrten sich bald nach Übernahme des Hamburger<br />

Funkhauses an der Rothenbaumchaussee Stimmen, die den Neuaufbau des<br />

<strong>Rundfunk</strong>s in der britischen Zone gefährdet sahen. 167 Mangel an Personal, Mangel<br />

an Logistik, Mangel an Handlungsanweisungen – die <strong>Rundfunk</strong>politik dieser Phase<br />

blieb weitgehend passiv. Im Vergleich zur amerikanischen und sowjetischen Zone<br />

war sie in einen gravierenden Planungsrückstand geraten. 168 Für die Organe der<br />

<strong>Rundfunk</strong>politik, die britischen <strong>Rundfunk</strong>offiziere, eine prekäre Situation. Außer<br />

dem bloßen Einsatzbefehl konnten sie sich auf keinerlei Vorgaben stützen: „Wir<br />

waren auf uns selbst gestellt; zunächst waren wir drei britische Offiziere, die einen<br />

Sender betrieben und taten, was sie für richtig hielten.“ 169<br />

Für richtig hielten sie, die einzige Anordnung, die ihnen mitgegeben war, zu<br />

ignorieren: Statt wie von der PWD gefordert, Nachrichten der SHAEF<br />

auszustrahlen, sendeten sie den Deutschen Dienst der BBC. 170 Dieses Beispiel<br />

illustriert, dass die Entwicklung des <strong>Rundfunk</strong>s in den Besatzungszonen im<br />

Nachkriegschaos weniger den Schreibtischvorlagen der Planungsbeamten als<br />

vielmehr dem Pragmatismus der Besatzungskräfte vor Ort folgte. Diese legten<br />

ihren Auftrag weiter aus, als ihr Mandat es vorsah. 171<br />

166 Vgl. Clemens, Britische Kulturpolitik 1945-1949, S. 92.<br />

167 Vgl. Kutsch, Unter britischer Kontrolle, S. 97.<br />

168 So waren die Amerikaner im Juni 1945 mit einem Stab von 1.700 Mitarbeitern allein für die<br />

Informationskontrolle vor Ort präsent. Demgegenüber hatten die Briten 80 Mitarbeiter; vgl.<br />

Clemens, Britische Kulturpolitik 1945-1949, S. 93. Wie sehr die Amerikaner in der <strong>Rundfunk</strong>politik<br />

auf Eigenregie setzten vgl. Mettler, Demokratisierung und Kalter Krieg, S. 49.<br />

169 Paul Findlay in: Michael Tracey, Das unerreichbare Wunschbild. Ein Versuch über Hugh Greene<br />

und die Neugründung des <strong>Rundfunk</strong>s in Westdeutschland nach 1945, Köln/Stuttgart/Berlin/Mainz<br />

1982 (= Annalen des Westdeutschen <strong>Rundfunk</strong>s, Bd. 5), S. 20.<br />

170 Ebd.<br />

171 Vgl. Kutsch, <strong>Rundfunk</strong> unter alliierter Besatzung, S. 64.<br />

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