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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Gewerkschaften bei Marx und Engels 103<br />

gentlich kämpft, und das Bewusstsein ist eine Sache, die sie sich aneignen muss,<br />

wenn sie auch nicht will.« 2<br />

Marx hüllte seine Kritik an jenen, die sich über den Konflikten in der Gesellschaft<br />

erhaben fühlten, selbst noch in eine philosophische Sprache. Der Grund<br />

ist einfach: Marx war, wie alle anderen auch, Kind seiner Zeit. Bevor sich eine revolutionäre<br />

Theorie herausbilden konnte, wonach der Klassenkampf Motor der<br />

Geschichte ist, mussten die radikalen Denker erst die Arbeiterklasse entdecken.<br />

Doch Deutschland war in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts rückständig und<br />

weithin agrarisch geprägt. Es war auch noch kein moderner Nationalstaat. Die<br />

Aufteilung in über dreißig Fürstentümer hielt Deutschlands Entwicklung zurück.<br />

In England hingegen hatte die industrielle Revolution bereits Einzug gehalten,<br />

und mit ihr entstand der moderne Klassengegensatz zwischen Kapital und<br />

Lohnarbeitern. Friedrich Engels, der mit Marx zusammen die Grundzüge der<br />

marxistischen Weltanschauung entwickeln sollte, veröffentlichte 1844 Die Lage<br />

der arbeitenden Klasse in England. Das Buch des damals 23-Jährigen ist heute noch<br />

ein Referenzpunkt der Sozialgeschichte. Für die deutschen Philosophen seiner<br />

Zeit war es wie ein Bericht von einem anderen Planeten. Engels, der wie Marx<br />

und Bauer der Schule der Junghegelianer entstammte, ging im November 1842<br />

als Fabrikantensohn nach Manchester, das Herz des industriellen Kapitalismus.<br />

Engels war erschüttert über die Verelendung, die er hervorbrachte. Und zugleich<br />

inspiriert von den neuen Formen des Widerstands, den die arbeitende Klasse<br />

ausprobierte, um die eigenen Interessen zu verteidigen.<br />

Sein Buch war geprägt von der Massenkampagne für eine »Charta« des Volkes<br />

– ein Forderungskatalog, der unter anderem das allgemeine Wahlrecht (für Männer<br />

ab 21 Jahren) vorsah. Der mit dem Grundbesitz verbundene Teil der herrschenden<br />

Klasse, vertreten durch die konservativen Tories, sah darin die Drohung<br />

mit der sozialen Revolution. Und auch die Chartisten selbst, zumindest ein<br />

großer Teil der Bewegung, verstand den Kampf als eine soziale Frage. Engels zitiert<br />

den Geistlichen Stephens als einen Vertreter des »Arbeiter-Chartismus«, der<br />

vor 200.000 Menschen ausrief: »Der Chartismus, meine Freunde, ist keine politische<br />

Frage, wobei es sich darum handelt, dass ihr das Wahlrecht bekommt usw.;<br />

sondern der Chartismus, das ist eine Messer-und-Gabel-Frage, die Charta, das heißt<br />

gute Wohnung, gutes Essen und Trinken, gutes Auskommen und kurze Arbeitszeit.«<br />

3<br />

Die Chartisten führten die Auseinandersetzung für eine im Kern politische<br />

Forderung mit Methoden des Klassenkampfes. Als eine Petition der Chartisten<br />

2<br />

Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, Berlin 1987 (Dietz), [im Weiteren: MEW], Band 1, [Marx:]<br />

Briefe aus den »Deutsch-Französischen Jahrbüchern«, S. 345. Ich habe die Rechtschreibung um<br />

der Lesbarkeit willen hier wie in allen anderen Zitaten leicht modernisiert. (Anm. d. Verf.)<br />

3<br />

Engels, »Die Lage der arbeitenden Klasse in England«, MEW Bd. 2, S. 446.

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