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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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308 Portugal: Von der Mobilisierung zum Widerstand<br />

Der 15. Oktober 2011 – Wirkliche Demokratie jetzt!<br />

Die Platzbesetzungsbewegung erfasste 2011 auch Portugal. Sie begann als Versuch,<br />

die mächtigen Besetzungen von Plätzen in Spanien und Griechenland, allerdings<br />

in viel kleinerem Maßstab, nachzuahmen. Anfang Mai, auf dem Höhepunkt<br />

des Wahlkampfes, besetzten etwa hundert Aktivistinnen und Aktivisten<br />

zwei Wochen lang einen zentralen Platz in Lissabon. Es gab weitere Platzbesetzungen<br />

in Porto, Coimbra und Ponta Delgada. Die Politik der Acampadas nachahmend<br />

entwickelten sich die Forderungen von der spezifischen Frage der Prekarität<br />

zu einer Systemkritik. Die Platzbesetzungsbewegung nahm Verbindung<br />

mit den Aktivisten der Mobilisierung zum 12. März auf und es entstand ein<br />

Netzwerk, das sich dem internationalen Aufruf zu einer Demonstration gegen<br />

Kürzungspolitik am 15. Oktober 2011 anschloss.<br />

Die Regierung veröffentlichte ihren Entwurf für den Haushalt von 2012 am<br />

13. Oktober. Er sah einschneidende Lohnkürzungen und die Abschaffung des<br />

Urlaubsgeldes im Öffentlichen Dienst vor. Über 100.000 Menschen protestierten<br />

dagegen in Lissabon, in Porto waren es 15.000. In Lissabon umzingelten die Demonstranten<br />

das Parlement und veranstalteten eine eigene Vollversammlung, die<br />

die ganze Nacht anhielt. Bemerkenswerterweise verabschiedete sie einen Aufruf<br />

zum Generalstreik, obwohl viele der Teilnehmer mit ihrem politischen Aktivismus<br />

Neuland betraten.<br />

Aufbauend auf dieser Bewegung riefen die beiden Gewerkschaftsdachverbände<br />

Portugals zu einem Generalstreik am 24. November auf. Dieser Streik, Ergebnis<br />

der Initiative aus der Bewegung, hatte einen anderen Charakter als die ritualisierten<br />

jährlichen Ein-Tages-Aktionen der Vergangenheit.<br />

Der 15. Oktober markierte eine Reihe wichtiger politischer Entwicklungen in<br />

Portugal. Die wichtigste betraf den qualitativen Sprung in den politischen Forderungen<br />

seit dem 12. März. Die Demonstration vom 12. März war politisch unbestimmt<br />

und uneinheitlich. Sie umfasste die antikapitalistische Linke, die sozialen<br />

Bewegungen (die feministische Bewegung, LGBT, die Bewegung gegen Prekarität,<br />

die antirassistische Bewegung) und Teile der politischen Rechten – wobei sogar<br />

manche extreme Rechte den Versuch unternahmen, sich in die Demonstration<br />

einzureihen. Im Oktober war der Fokus klarer. Es ging nicht mehr nur um<br />

eine Kritik an der Prekarität und der unsicheren Zukunft, die Bewegung richtete<br />

ihre Kritik jetzt viel konkreter gegen die Regierung und die Kürzungsmaßnahmen<br />

generell. Die Oktoberdemonstration war viel kleiner, aber qualitativ ein<br />

Fortschritt.<br />

Die Oktoberbewegung wurde auch bereichert durch Fragen, die die Occupy-<br />

Bewegung aufgeworfen hatte: das Wesen der parlamentarischen Demokratie und<br />

demokratischer Institutionen, die Gegnerschaft zur Herrschaft der »1 Prozent«

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