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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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42 Strategien gewerkschaftlicher Erneuerung<br />

sei zu weit gegangen. Aber im Laufe der Streikvorbereitungen suchten sie nach<br />

Machtressourcen und fanden die OP-Kräfte und ihre besondere Situation, was ihnen<br />

einen »halbwegs erfolgreichen« Streik durch Lahmlegung der OPs ermöglichte –<br />

auch aus einer Minderheitenposition der kämpferischen Elemente innerhalb der Belegschaft<br />

und in Kontrast zur bis dato eher sozialpartnerschaftlichen vorherrschenden<br />

Tradition heraus. 17<br />

Das heißt, solche Machtzusammensetzungen führen nicht automatisch zu mehr<br />

Macht. Macht muss erkannt und systematisch erschlossen werden. Wenn dies<br />

nicht geschieht, können die immer neuen Restrukturierungen des Arbeitsprozesses<br />

auch einfach von einer demoralisierten Belegschaft erduldet werden.<br />

Streiks und Arbeitskämpfe vergesellschaften<br />

Ein weiteres Machtpotenzial der Beschäftigten besteht darin, das Verhältnis zum<br />

Kunden bzw. zum Abnehmer der Ware zum Ausgangspunkt einer Mobilisierungsstrategie<br />

zu machen. Streiks werden einerseits durch den ökonomischen<br />

Schaden gewonnen, die ein Streik auf den Arbeitgeber ausübt. Allerdings werden<br />

sie auch in der Öffentlichkeit ausgefochten. Selbst bei Streiks etwa in der Metallund<br />

Elektroindustrie spielt das Ringen um die Öffentlichkeit, das heißt um Zustimmung<br />

oder Ablehnung eine wichtige Rolle. Sie ist ein »politisches« Element<br />

in jedem Streik, das die Entwicklung der Kräfteverhältnisse in einem Kampf mit<br />

beeinflussen kann.<br />

Ein »negatives« Beispiel aus der jüngsten Geschichte könnte der Streik um die<br />

Einführung der 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland 2003 sein. Damals ist der<br />

betriebliche Kampf um die 35-Stunden-Woche im Osten nicht als gesellschaftlicher<br />

Kampf gegen Arbeitslosigkeit und für mehr Jobs im Osten mit einer breiten<br />

Kampagne vorbereitet worden. Stattdessen hat man sich auf betriebliche<br />

Macht ohne politische Mobilisierung verlassen und wurde dann von Betriebsratsvorsitzenden<br />

der großen Automobilindustrie im Westen hängen gelassen. 18 Eine<br />

breite gesellschaftliche Kampagne mit der Aussage »die 35-Stunden-Woche<br />

schafft Jobs« wäre da eine Möglichkeit gewesen. Stattdessen gelang es dem Un-<br />

17<br />

Unveröffentlichtes Manuskript, Kurzfassung findet sich in: Nachtwey, Oliver/Wolf, Luigi: »Strategisches<br />

Handlungsvermögens und gewerkschaftliche Erneuerung im deutschen Modell industrieller<br />

Beziehungen« in Schmalz, Stefan/ Dörre,Klaus: Comeback der Gewerkschaften?<br />

Machtressourcen, innovative Praktiken, internationale Perspektiven, Campus-Verlag <strong>2013</strong><br />

18<br />

So berichtete die Welt vom 26.6.2003 über die Betriebsratsvorsitzenden der großen westdeutschen<br />

Automobilwerke: "... Schon bei der Betriebsrätekonferenz am Montag hatte der Gesamtbetriebsratschef<br />

von Daimler-Chrysler, Erich Klemm, die Streikstrategie in Ostdeutschland ungewöhnlich<br />

deutlich kritisiert. Klemm soll den für den Streik verantwortlichen zweite Vorsitzenden<br />

der IG Metall Jürgen Peters einen "tarifpolitischen Geisterfahrer" genannt haben. Um den<br />

Streik zu Ende zu bringen, hatte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von VW, Klaus Volkert,<br />

einen Austritt des Konzerns aus dem Arbeitgeberverband Sachsen ins Gespräch gebracht...."

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