MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013
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Die Klassenkämpfe in Europa 273<br />
Falls der Profitrate – in diesem Fall in den Jahrzehnten nach Ende des Zweiten<br />
Weltkrieges, der bis in die 1980er Jahre anhielt und in den folgenden Jahren bis<br />
heute nicht umgekehrt werden konnte.<br />
Dieser Fall resultiert daraus, dass die Akkumulation »toter Arbeit« (Investitionen<br />
in Maschinen, Rohstoffe usw.) tendenziell schneller wächst als die Menge der<br />
vom System beschäftigten »lebendigen Arbeit« (LohnarbeiterInnen). Wenn, wie<br />
Marx argumentierte, lebendige Arbeit die Quelle des Mehrwerts ist, aus dem der<br />
Profit generiert wird, dann gerät die Rentabilität aufgrund des wachsenden Anteils<br />
toter im Verhältnis zur lebendigen Arbeit auf lange Sicht unter Druck. 19<br />
Diese Tendenz impliziert weder eine »finale Krise« des Kapitalismus noch eine<br />
Theorie von seinem »Zusammenbruch«, sondern vielmehr, dass ein Punkt erreicht<br />
werden kann, an dem eine neue Wachstumsphase die Zerstörung oder<br />
Entwertung von Kapital in gigantischem Ausmaß voraussetzt. Es sind »Krisen,<br />
in denen durch momentane Einstellung der Arbeit und die Vernichtung eines<br />
großen Teils des Kapitals das letztere gewaltig reduziert wird bis zu dem Punkt,<br />
von welchem aus es weiter kann, in der Lage ist, seine Produktivkräfte voll anzuwenden,<br />
ohne Selbstmord zu verüben.« 20<br />
Allein das Ausmaß der Kapitaleinheiten, die das System ausmachen, und die<br />
Art und Weise ihrer Verflechtung miteinander, mit dem Finanzsystem und dem<br />
Staat macht eine solche Bereinigung des Kapitalismus heutzutage zu einem sehr<br />
traumatischen und riskanten Unterfangen. Die Verwalter des Systems sehen deshalb<br />
ihr Heil in der Rettung von Unternehmen und staatlichen Eingriffen, um<br />
der Krise Herr zu werden. Allerdings kann gerade das die Krise noch verlängern.<br />
21<br />
In Europa ist die Krise besonders akut, weil sie vermittelt über die gemeinsame<br />
Währung der Euroländer wirkt. Die Einführung des Euro erlaubte schwächeren<br />
Volkswirtschaften wie Portugal, Spanien und Griechenland Zugang zu billigen<br />
Kreditströmen, oftmals von Banken stärkerer Volkswirtschaften wie Deutschland<br />
oder Frankreich. Der Angriff auf die Löhne der Beschäftigten in Deutschland<br />
führte zu einem relativen Anstieg der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Exporte,<br />
und die daraus resultierenden Leistungsbilanzdefizite der schwächeren<br />
Volkswirtschaften wurden durch wachsende Verschuldung finanziert, ein Großteil<br />
in Form von Staatsverschuldung. Nach Ausbruch der Krise vergrößerte sich<br />
dieses Ungleichgewicht noch. Die Mischung einerseits aus der Sparpolitik, die<br />
diesen Ländern als Gegenleistung für Rettungspakete des IWF, der EZB und der<br />
19<br />
Wer mit Marx’ Theorie vom tendenziellen Fall der Profitrate nicht vertraut ist, dem sei Harman,<br />
2007, empfohlen.<br />
20<br />
Marx, 1983 b, S. 662.<br />
21<br />
Dies ist die Zusammenfassung einer Darstellung, die ich bereits in Choonara, 2009, 2011, 2012,<br />
vorgebracht habe. Ähnlich auch: Callinicos, 2010; Carchedi, 2011; Harman, 2009; Kliman, 2011.