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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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312 Portugal: Von der Mobilisierung zum Widerstand<br />

hungspols in der portugiesischen Gesellschaft. Die Entscheidung, außerhalb der<br />

Betriebe zu organisieren, war allerdings Ausdruck der Schwäche. Wir hatten ganz<br />

einfach nicht die Fähigkeit, die Gewerkschaften politisch zu beeinflussen, und<br />

auch keine Netzwerke innerhalb der Gewerkschaftsstrukturen. Die Gewerkschaftsbürokratie<br />

hat ihrerseits wenig Interesse an der Schaffung von Basisnetzwerken<br />

aktiver Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die ihrer Kontrolle<br />

entgleiten und die Stabilität des Systems in Frage stellen könnten. Die portugiesische<br />

KP betrachtet den Kampf gegen die Troika als einen »nationalen Befreiungskampf«,<br />

mit dem eine »patriotische linke Regierung« beauftragt werden sollte.<br />

Für sie finden der politische und der ökonomische Kampf in unterschiedlichen<br />

und getrennten Sphären statt. Unter diesen Bedingungen bleibt diese wurzellose<br />

Bewegung – von Arbeitern, aber ohne betriebliche Verankerung – von<br />

den Launen der CGTP-Führung abhängig. Die Schwierigkeit zeigte sich sowohl<br />

am 15. Oktober 2011 als auch am 15. September 2012: Obwohl es die größten<br />

Demonstrationen waren, die Portugal seit der Revolution von 1974 erlebt hatte,<br />

mussten deren Organisatoren warten, bis die CGTP grünes Licht für den Generalstreik<br />

gab, und sie hatten kaum Möglichkeiten, diesen Vorgang zu beeinflussen.<br />

Das erklärt zum Teil warum die Generalstreiks »nach dem Kalender« terminiert<br />

wurden und nicht das Ergebnis eines spezifischen Moments in einer unmittelbaren<br />

Konfrontation mit der Regierungspolitik waren.<br />

Auch muss man sehen, dass die Netzwerke gegen Prekarität zwar einen lebendigen<br />

politischen Raum in Portugal geschaffen haben, dass dieser aber mehr virtuell<br />

als konkret bleibt. Diese Gruppierungen setzen die neuen Medien sehr<br />

wirksam ein, sie haben Blogs und Websites eingerichtet, die von prekarisierten<br />

Arbeitern zur Mitteilung ihrer Erfahrungen und für den politischen Austausch<br />

benutzt werden, und sie haben gute Beziehungen zu den traditionellen Medien<br />

aufgebaut, die es ihnen ermöglichen, ihre Forderungen und Kampagnen in den<br />

Nachrichten des Mainstreams zu platzieren. Aber ihr organisatorischer Kern<br />

bleibt klein und ist über die Jahre kaum gewachsen – gerade wegen ihrer Wurzellosigkeit.<br />

Die politische Lage in Portugal ist instabil und kann jederzeit kippen. Wurzellose<br />

Netzwerke wie das unsrige sind nicht immer fähig, schnelle Antworten zu<br />

liefern, wie sich deutlich anlässlich des Besuchs von Angela Merkel in Portugal<br />

am 12. November, gerade einen Monat nach der Demonstration von über einer<br />

Million Menschen und nur zwei Tage vor dem europäischen Generalstreik zeigte:<br />

Nur etwa hundert Menschen erschienen zur Protestkundgebung.<br />

Die Aktivistinnen und Aktivisten der Bewegung gegen Prekarität bilden seit<br />

2007 den Kern des Widerstands. Die Aktivisten der Precários Inflexíveis haben<br />

sich nicht in der allgemeinen Bewegung aufgelöst, sondern agieren nach wie vor<br />

als eigenständige Gruppe mit eigenen Projekten, darunter eine landesweite Petiti-

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