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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Der Kampf gegen Arbeitslosigkeit 257<br />

Im wichtigen Verwaltungsbezirk Stuttgart wurde Kritik seitens der Gewerkschaftsbasis<br />

in den Betrieben daran laut und es gab erfolglose Versuche, eine<br />

Ausweitung des Kampfes gegen den Willen der Führung durchzusetzen. Reinhard<br />

Bahnmüller zitiert in seiner Dokumentation des Kampfes um die 35-Stunden-Woche<br />

den Betriebsratsvorsitzenden eines Reutlinger Streikbetriebes mit den<br />

Worten:<br />

Das Konzept war bestimmt richtig, die ersten 14 Tage, so der Betriebsratsvorsitzende<br />

eines Reutlinger Streikbetriebs, aber das nach der 1. Aussperrung nichts kam,<br />

dann die 2. Aussperrung und wieder nichts, das war furchtbar schädlich. Das haben<br />

uns die Mitglieder massiv an den Kopf geworfen, dass nach 4 Wochen Streik immer<br />

noch 13 Betriebe streiken, das war für die dann fast nicht mehr fassbar. 38<br />

Die Folge war eine wachsende Demoralisierung der Basis während des Kampfes.<br />

Aus Angst vor Kontrollverlust durch eine Ausweitung hielt die Führung bis zum<br />

bitteren Ende an ihrer Strategie fest, obwohl die Stimmen in den Reihen des unteren<br />

Funktionärskörpers der IG Metall immer lauter wurden, den Streik auszuweiten.<br />

Das Ergebnis war mager, es wurde eine Wochenarbeitszeitverkürzung auf 38,5<br />

Stunden vereinbart und der Einstieg in die Arbeitszeitverkürzung wurde gegen<br />

die Möglichkeiten einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten eingekauft. Mehr noch,<br />

es wurde festgelegt, dass deren Umsetzung durch Betriebsvereinbarungen geregelt<br />

werden sollte. Damit hatten die Arbeitgeber eine Öffnungsklausel von Tarifverträgen<br />

erreicht. Der ehemalige FDP-Wirtschaftsminister Graf Lambsdorff<br />

frohlockte damals in der »Wirtschaftswoche«:<br />

[…] mit der Verlagerung der Entscheidungsgewalt über die Arbeitszeit auf die Betriebsräte<br />

wird die Autorität und die Eingriffsmöglichkeit für die IG Metall-Führung<br />

so stark abgeschwächt, dass die Geschlossenheit der Gewerkschaft langsam abbröckelt.<br />

39<br />

Diese Gefahr, dass damit der Konkurrenzausschluss, der durch den Flächentarifvertrag<br />

sichergestellt werden soll, unterlaufen wird, ist sofort von Teilen der Mitgliedschaft<br />

erkannt worden. 40 Mit diesem Zugeständnis wurde der Grundstein<br />

für das Ausspielen von Belegschaften gegeneinander konkurrierender Betriebe<br />

gelegt. Der mit dem Abschluss ebenfalls verbundene niedrige Lohnabschluss von<br />

unter 3 Prozent mit einer Laufzeit von fast 2 Jahren und der Einschränkung von<br />

38<br />

Reinhard Bahnmüller, »Der Streik – Tarifkonflikt um Arbeitszeitverkürzung in der Metallindustrie<br />

1984«, Hamburg 1985, S. 124.<br />

39<br />

Wirtschaftswoche Nr. 28, 06.07.1984.<br />

40<br />

Hans Joachim Sperling, »Arbeitszeitverkürzung – Ein neues Feld für betriebsnahe Tarifpolitik?«,<br />

in: Kritisches Gewerkschaftsjahrbuch 1985, Berlin 1985, S. 148.

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