MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Portugal: Von der Mobilisierung zum Widerstand 317 organisieren. Vor allem angesichts der kommenden Kommunalwahlen wäre eine solche Herangehensweise sehr vielversprechend. Zugleich muss die Partei in den Bewegungen präsenter sein und die Solidaritätsnetzwerke stärken, beispielsweise um Zwangsräumungen zu verhindern oder bei der Organisierung von Volksküchen – nicht mit dem Ziel, den Staat aus seiner Verantwortung zu entlassen, sondern um die Botschaft zu vermitteln, dass kollektive Probleme (Arbeitslosigkeit, Armut, Hunger und Wohnungsnot) nicht individuell zu lösen sind. Die Aktivisten des Bloco müssen auch angesichts der politischen Herausforderungen, vor denen die Bewegung steht, ein breiteres Verständnis dafür entwickeln, dass es sich nicht um vorübergehende Probleme handelt, sondern um eine Krise des Systems. Die Partei muss die Möglichkeit und Notwendigkeit von Alternativen zum Kapitalismus artikulieren und den Menschen helfen zu glauben, dass sie auch machbar sind, wenn wir sie gemeinsam aufbauen. Von der Mobilisierung zum Widerstand – einige Schlussfolgerungen Die größte Herausforderung für die portugiesische Linke liegt in der Verwandlung der spontanen und ungleichmäßigen Momente der Mobilisierung in einen organisierten Widerstand. Wir müssen unser Verhältnis zu den traditionellen Arbeiterorganisationen überdenken, die neue Realität prekärer Arbeitsverhältnisse aufgreifen, die politische Linie der Gewerkschaften in Frage stellen und die künstliche Trennung von Politik und Ökonomie überwinden. Wir müssen Wurzeln schlagen und neue Kampferfahrungen in der Arbeiterbewegung und den sozialen Bewegungen verbreiten: die Basis reaktivieren, die Arbeitslosen organisieren, Solidaritätsnetzwerke mit Einzelkämpfen aufbauen. Es kommt letztlich darauf an, Wurzeln zu schlagen und das allgemeine Gefühl der Unzufriedenheit in organisierte Aktion und kollektive Erfahrung überzuleiten. Die Aktivistinnen und Aktivisten, die die Demonstration vom 15. September organisierten, erweiterten ihre Organisation und bereiteten dann die Demonstration vom 2. März <strong>2013</strong>. Die Organisatoren schätzen, dass eineinhalb Millionen Menschen auf die Straße gingen, womit sie eine der größten Demonstrationen der portugiesischen Geschichte wäre. Die beiden Demonstrationen unterscheiden sich in zweierlei Hinsicht: Das mediale Interesse im Vorfeld des 2. März war nicht so groß wie vor dem 15. September, und die Regierung stellte im Vorfeld diesmal keine neuen Kürzungsvorhaben vor. Somit stellt der 2. März einen qualitativen Sprung hinsichtlich der Mobilisierungsfähigkeit der sozialen Bewegungen in Portugal dar. Auch muss festgehalten werden, dass der führende Sprecher der CGTP die Demonstration öffentlich unterstützte und zur Beteiligung aufrief, was eine Verschiebung der politischen Dynamik in Portugal bedeutet. Die
318 Portugal: Von der Mobilisierung zum Widerstand Hauptlosung der Demonstration war »Grândola, Vila Morena«, die Hymne der portugiesischen Revolution von 1974/75. Die Erinnerung an die Revolution wird immer wacher und damit die Rückbesinnung auf radikalere Vorstellungen und die Öffnung für eine breitere Palette von Alternativen möglich. Die Demonstration hat dem Widerstand in Portugal neues Leben eingehaucht. Diese Erfahrung muss sich allerdings in neuen Formen der Organisierung und Mobilisierung niederschlagen, um die periodischen Mobilisierungen in einen neuen aktiven Widerstand zu verwandeln.
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