MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013
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Der Kampf gegen Arbeitslosigkeit 243<br />
weil von ihr eine disziplinierende Wirkung auf die Gewerkschaftsbewegung ausgehen<br />
kann.<br />
Der in den letzten Jahrzehnten betriebene Krisenkorporatismus der Gewerkschaften<br />
folgte im Grundsatz der Argumentation des Arbeitgeberlagers. Die<br />
niedrigen Lohnabschlüsse der vergangenen Jahre, Zugeständnisse bei der Flexibilisierung<br />
von Arbeitszeiten, vor allem in Verbindung mit der Anwendung von<br />
Tariföffnungsklauseln, haben dazu beigetragen, der deutschen Exportindustrie<br />
erhebliche Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Der Preis ist hoch, denn gerade<br />
die schwindende Bindung der Entlohnung durch Flächentarifverträge, schwächt<br />
die Gewerkschaften und drückt die Löhne noch weiter.<br />
Die Hoffnung, damit der nächsten Krise zu entkommen und so einen drohenden<br />
Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern, ist nicht zuletzt 2009 auf eine<br />
harte Probe gestellt worden. Diesen Stresstest hat der Krisenkorporatismus<br />
scheinbar mit Bravour bestanden. Vor allem die großzügige Kurzarbeitergeldregelung<br />
und die Abwrackprämie haben 1,4 Millionen Beschäftigte vor der Arbeitslosigkeit<br />
bewahrt. 10 Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut des<br />
DGB kommt in einer Pressemitteilung 11 im Herbst 2010 sogar auf 3,1 Millionen<br />
Arbeitsplätze, die auf diesem Weg gerettet wurden. Das entsprach damals 7,7<br />
Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse.<br />
Dass die Kurzarbeitergeldregelung so schnell an die harten Krisenbedingungen<br />
angepasst werden konnte, ohne den Protest der Arbeitgeber zu provozieren, hat<br />
zwei Gründe. Zum einen gab es die Hoffnung, die sich erfüllt hat, dass die Krise<br />
mit Hilfe der Abwrackprämie und der Exportstärke der Industrie schnell überwunden<br />
werden kann. Zum anderen sind die Lohnstückkosten der deutschen Industrie<br />
zu diesem Zeitpunkt so niedrig gewesen, dass die mit der Kurzarbeitergeldregelung<br />
verbundenen Zusatzkosten für die Unternehmen, angesichts der<br />
Vorteile, damit die eingearbeiteten und bewehrten Stammbelegschaften halten zu<br />
können, in Kauf genommen worden sind. Die Schröderschen Arbeitsmarktreformen<br />
haben erst die Voraussetzungen geschaffen, die großzügige Kurzarbeitergeldregelung<br />
durchzusetzen, weil sie den Unternehmen den Weg geebnet haben,<br />
die Lohnkosten zu senken und damit erhebliche Wettbewerbsvorteile zu erlangen.<br />
Die Argumentation der Gewerkschaften angesichts der Massenarbeitslosigkeit ist<br />
ständig von starken Widersprüchen bestimmt. Otto Jacobi und Walther Müller-Jentsch,<br />
die jahrzehntelang die Gewerkschaftsbewegung in Deutschland als Sozi-<br />
10<br />
Neben der Kurzarbeitergeldregelung spielte das Abschmelzen von Arbeitszeitkonten (8,9 Stunden/Arbeitnehmer)<br />
und der Rückgang von geleisteten Überstunden (10 Stunden/Arbeitnehmer)<br />
eine Rolle: Rainer Trinczek, »Gewerkschaftspolitik in Zeiten der Wirtschaftskrise«, Vortrag auf<br />
der WSI-Tagung 05./06.05.2010.<br />
11<br />
WSI-Pressemitteilung, 02.11.2010.