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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Der aufhaltsame Abstieg 11<br />

Den Grund für diese Entwicklung analysiert Detlef Wetzel an anderer Stelle,<br />

wenn er sich mit der Krise des Flächentarifvertrages befasst. In einem Thesenpapier<br />

zur »Erneuerung der Gewerkschaftsarbeit« 9 fasst Wetzel diese Entwicklung<br />

zusammen: »Öffnungen und Abweichungen verlagern Aushandlungsprozesse<br />

auf die einzelbetriebliche Ebene. Schon jetzt existiert etwa bei der Arbeitszeit ein<br />

wahrer Flickenteppich über Branchen, Regionen, Betriebe und Beschäftigungsgruppen.«<br />

Die leise Selbstkritik, die aus dem Begriff der »Öffnung« erahnt werden<br />

kann, lässt aufhorchen: Die »Abweichungen« waren dabei nur eine Folge der<br />

»Öffnung« der Tarifverträge. Betriebsräte, die in den letzten Jahren solche Betriebsvereinbarungen<br />

unterschrieben haben, die »Abweichungen« von Tarifverträgen<br />

nach unten zuließen, sind dazu über Jahre von der IG Metall unterstützt<br />

und ermuntert worden. Wer den heutigen Zustand des Flächentarifvertrages beklagt,<br />

sollte mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme der Arbeitszeitpolitik der IG<br />

Metall beginnen. Genau das wollen wir im Folgenden versuchen.<br />

Arbeitszeitflexibilisierung<br />

Abweichungen und Entgrenzungen der Arbeitszeit waren das gemeinsame Werk<br />

von IG Metall und Unternehmerverbänden. Ihren Ausgangspunkt hatte die Öffnung<br />

1984 im Kampf um die 35-Stunden-Woche mit einem Einstieg ins »Concession<br />

Bargaining«. Der Begriff entstand in den USA in den 1980er Jahren. Unter<br />

dem Druck wachsender Massenarbeitslosigkeit tauschten die Gewerkschaften<br />

Löhne und Leistungen gegen Arbeitsplatzsicherung. In Deutschland tauschten<br />

die IG Metall und die IG Drupa Arbeitszeitflexibilisierung gegen Arbeitszeitverkürzung.<br />

Schon vor den Verhandlungen hatten die beiden Vorsitzenden der IG<br />

Metall (Mayr und Steinkühler) den Unternehmern signalisiert, dass eine Arbeitszeitverkürzung<br />

»kostenneutral« sein solle und dies mit niedrigen Lohnforderungen<br />

einerseits und mit Arbeitszeitflexibilisierung andererseits erkauft werden sollte.<br />

Nach einem sechswöchigen Streik mit Massenaussperrungen durch den Arbeitgeberverband<br />

wurde eine Arbeitszeitverkürzung um eineinhalb Stunden vereinbart,<br />

die dann in weiteren fünf Stufen (1987, 1988, 1989 , 1993, 1995) schließlich<br />

bei 35 Stunden angekommen sollte. Und anders als bei der Einführung der<br />

40-Stunden-Woche in den 1950er und 1960er Jahren blieb das Modell der 35-<br />

Stunden-Woche dieses Mal auf die Organisationsbereiche der IG Metall, der Gewerkschaft<br />

Holz, Keramik und auf die Druckindustrie beschränkt.<br />

Der damalige Betriebsratsvorsitzende von Opel-Rüsselsheim, Richard Heller,<br />

sagte auf dem IG Metall-Gewerkschaftstag 1983 in München: Wenn es die Tak-<br />

9<br />

Detelef Wetzel, Jörg Weigand, Sören Niemann-Findeisen, Thorsten Lankau »Organizing: Die<br />

mitgliederorientierte Offensivstrategie für die IG Metall. Acht Thesen zur Erneuerung der Gewerkschschaftsarbeit.<br />

Herunterzuladen unter: www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Veranstaltungen/2011/IG_Metall_Thesen_Wetzel_Organizing.pdf

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