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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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32 Strategien gewerkschaftlicher Erneuerung<br />

Die Tarifabdeckung gestaltet sich je nach Sektor sehr unterschiedlich. Im<br />

Dienstleistungsgewerbe ist sie sehr niedrig. Auch im Handel und im Bereich des<br />

ehemaligen öffentlichen Dienstes sind die Entwicklungen alarmierend.<br />

Im Gegensatz dazu ist die Abdeckung in der Metall- und Elektroindustrie immer<br />

noch flächendeckend, obwohl auch hier die Zahl nicht tarifgebundener Arbeitgeber<br />

steigt. In neuen Industrien wie der Windenergiebranche gibt es keine<br />

Tarifbindung und schwache Betriebsratsstrukturen. Hinzu kommen Bereiche im<br />

öffentlichen Dienst, wo öffentliche Arbeitgeber oder die neuen privaten Arbeitgeber<br />

bewusst Absenkungstarifverträge oder tarifvertragsfreie Zonen geschaffen<br />

haben.<br />

Diese Entwicklung ist insgesamt negativ und verweist darauf, dass wichtige<br />

Kämpfe in der Vergangenheit verloren gegangen sind oder dass die Gewerkschaften<br />

dem Klassenkampf der Unternehmer nichts entgegensetzen konnten.<br />

Ein gutes Beispiel für die Entwicklung im öffentlichen Dienst, wo es eine massive<br />

Zunahme von Outsourcing und Privatisierungen gegeben hat, ist der Pflegebereich:<br />

Bis zur Verabschiedung des Pflegegesetztes 1992 war dieser Bereich<br />

komplett tarifgebunden und in der Hand von öffentlichen oder quasi-öffentlichen<br />

Anbietern. Seit der Deregulierung durch das Pflegegesetz werden nunmehr<br />

40 Prozent der Dienste privat betrieben und die anderen Träger wie Caritas, Diakonie,<br />

Arbeiterwohlfahrt sind einem Preisgestaltungssystem unterworfen, die sie<br />

in Konkurrenz zu den privaten Anbietern versetzt. Das gleiche ist etwa im Krankenhaussektor<br />

passiert, wo die Einführung des DRG-Systems 2 2003/4 zu einer<br />

durchgreifenden Konkurrenz geführt hat, die zwischen privaten, öffentlichen<br />

und sogenannten »freigemeinnützigen« (kirchlichen etc.) Arbeitgebern auf Kosten<br />

der Beschäftigten ausgetragen werden. Von 1991 bis 2009 sanken die in Vollzeit<br />

gerechneten Stellen von 334.890 auf 303.656 bei gleichzeitiger Steigerung<br />

der Fallzahlen um 25 Prozent. Die abnehmende Verweildauer kompensiert dies<br />

nicht. 3<br />

Aber auch in anderen Branchen lässt sich beobachten, dass vormals sicher geglaubte<br />

sozialpartnerschaftliche Vereinbarungen von der Kapitalseite aufgekündigt<br />

werden. Etwa indem Betriebsratsgründungen und Tarifbindung im Einzelhandel<br />

massiv unterlaufen werden, auch bei den vormals im Flächentarifvertrag<br />

gebundenen Großbetrieben.<br />

All dies bedeutet für die Beschäftigten enorme Verschlechterungen. Ausbruch<br />

aus der Tarifbindung bedeutet Lohnverluste. Aber auch die Arbeitsbedingungen<br />

2<br />

Zentrales Abrechnungssystem für alle Krankenhäuser der Krankenkassen seit 2004 obligatorisch.<br />

3<br />

Braun, Bernard, Sebastian Klinke, Rolf Müller und Rolf Rosenbrock, 2011: Einfluss der DRGs<br />

auf Arbeitsbedingungen und Versorgungsqualität von Pflegekräften im Krankenhaus, Universität<br />

Bremen, artec-paper Nr. 173

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