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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Die Klassenkämpfe in Europa 275<br />

anormalen. 25 Anhaltende Krisenzeiten können die Kohärenz der Ideen der Herrschenden<br />

zersetzen, wie auch die Ideen des »Alltagsverstands«, die Arbeiterinnen<br />

und Arbeiter für eine Weile unkritisch übernehmen und die nun Platz machen<br />

für einen »gesunden Menschenverstand«, der der Erfahrung der Solidarität und<br />

kollektiven Aktivität entspringt.<br />

Ein Merkmal der gegenwärtigen Phase war die politische Radikalisierung der<br />

Bevölkerung, nicht nur der Arbeiterklasse, sondern auch anderer von Unterdrückung<br />

betroffener Schichten wie Studierende oder Arbeitslose, was sich oft in<br />

heftigen Protesten Bahn bricht. Die Entstehung der Occupy-Bewegung im Jahr<br />

2011 ist ein wichtiges solches Symptom, und solche Bewegungen können mit<br />

Kämpfen der Arbeiterschaft zusammenfließen und ihnen weitere Anstöße geben.<br />

26<br />

Eine Krise führt nicht nur zur Zersetzung der Kohärenz der in einer Gesellschaft<br />

herrschenden Ideen, sondern auch zu Spaltungen innerhalb der herrschenden<br />

Klasse selbst, weil der Kapitalismus ein System der konkurrierenden Akkumulation<br />

ist. Marx sagte dazu:<br />

Solange alles gut geht, agiert die Konkurrenz, wie sich bei der Ausgleichung der allgemeinen<br />

Profitrate gezeigt, als praktische Brüderschaft der Kapitalistenklasse […].<br />

Sobald es sich aber nicht mehr um Teilung des Profits handelt, sondern um Teilung<br />

des Verlustes, sucht jeder soviel wie möglich sein Quantum an demselben zu verringern<br />

und dem andern auf den Hals zu schieben. […] Wieviel aber jeder einzelne davon<br />

zu tragen, wieweit er überhaupt daran teilzunehmen hat, wird dann Frage der<br />

Macht und der List, und die Konkurrenz verwandelt sich dann in einen Kampf der<br />

feindlichen Brüder. 27<br />

Eine Krise kann zu Spaltungen zwischen Kapitalisten führen oder auch zwischen<br />

verschiedenen Sektionen der Kapitalistenklasse oder zwischen Nationalstaaten,<br />

in denen bestimmte Kapitalisten ihren Sitz haben, während rivalisierende Gruppierungen<br />

darüber streiten, wer die Kosten der Krise zu tragen hat und welche<br />

Strategien zu verfolgen sind, um ihr zu entgehen. Dabei handelt es sich nicht einfach<br />

um ökonomische Spannungen. Wie Lenin sagte: »Die Politik ist der konzentrierte<br />

Ausdruck der Ökonomik.« 28<br />

Ein weiteres Ergebnis der Krise ist die politische Fragmentierung. Die Eurozone,<br />

in der die Probleme sich als besonders hartnäckig erwiesen haben, stellt ein<br />

Paradebeispiel für solche Spaltungen dar, wo Auseinandersetzungen zwischen<br />

der deutschen und der französischen Regierung, den Regierungen schwächerer<br />

Länder der Eurozone, der EZB und der Bundesbank und so fort mit schöner<br />

25<br />

Gramsci, 1994, S. 1378.<br />

26<br />

Siehe Jones, 2012, für eine detaillierte Diskussion<br />

27<br />

Marx, 1983 a, S. 263–264.<br />

28<br />

Lenin, 1988, S. 73.

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