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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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166 Streiks in Deutschland – ein neuer Aufschwung?<br />

zeichnete die, im Vergleich zu ver.di wesentlich kleinere NGG, über 200 Streiks<br />

und Warnstreiks, die zum Teil mehrere Betriebe umfassten. Demgegenüber wird<br />

im Bereich der IG Metall relativ selten gestreikt. Zwischen 2004 und 2012 gab es<br />

hier lediglich 22 betriebliche Konflikte, in denen es nach Urabstimmung auch<br />

zum Streik kam. Dazu kommen allerdings mehrere zum Teil sehr umfangreiche<br />

Warnstreikwellen und eine unbekannte Anzahl kleinerer regionaler Warnstreiks.<br />

Warum hat die Zahl der Arbeitskämpfe zugenommen und weshalb wird bei<br />

ver.di soviel häufiger gestreikt als bei der IG Metall?<br />

Die Zunahme der Arbeitskämpfe hat meines Erachtens drei Ursachen. Erstens<br />

wurde die Tariflandschaft in den letzten Jahren stark fragmentiert. Dazu haben<br />

ganz wesentlich die Privatisierungen im öffentlichen Dienst bei Bahn, Post, Versorgung,<br />

Nahverkehr und jüngst im Gesundheitswesen beigetragen.<br />

Zweitens erodieren die Arbeitgeberverbände, und die Bereitschaft, überhaupt<br />

Tarifverträge abzuschließen ist bei Unternehmen und öffentlichen Arbeitgebern<br />

gesunken. Beim Aufbrechen der gemeinsamen Tarifverhandlungen im öffentlichen<br />

Dienst spielten im Übrigen nicht nur konservative Landesregierungen eine<br />

Rolle, sondern hier war interessanterweise auch das rot-rote Berlin mit vorne dabei.<br />

Im Ergebnis muss heute viel häufiger als früher gegen Tarifflucht gekämpft<br />

werden, oder es müssen mühsam Anschlusstarifverträge verhandelt werden. All<br />

dies erhöht die Zahl potenzieller Konflikte.<br />

Drittens ist aber auch die Konfliktbereitschaft unter den Gewerkschaften gestiegen.<br />

Die traditionelle Zurückhaltung bezüglich des Streiks gerät bei den Gewerkschaften<br />

in dem Maße unter Druck, in dem die Spielräume für reine Verhandlungslösungen<br />

enger werden und Unternehmen etablierte Standards in Frage<br />

stellen. Spätestens dann erwarten auch viele Mitglieder, dass nicht alles kampflos<br />

hingenommen wird. Schließlich können erfolgreiche Mobilisierungen auch<br />

helfen, betriebliche Stärke auf- und auszubauen.<br />

Dass bei ver.di wesentlich mehr als im Organisationsbereich der IG Metall gestreikt<br />

wird, hat zum einen schlicht damit zu tun, dass der Organisationsbereich<br />

von ver.di sehr viel mehr Branchen und damit auch Tarifgebiete umfasst als dies<br />

bei der IG Metall der Fall ist. Hinzukommt aber auch ein anderer Aspekt: Viel zu<br />

streiken, ist ja nicht notwendig ein Zeichen von Stärke. In der großen Zahl der<br />

Streiks im Dienstleistungsbereich drückt sich in gewisser Weise auch aus, dass es<br />

hier den Gewerkschaften bisher schwer fiel, kollektive Stärke aufzubauen. Wo es<br />

aber an Durchsetzungsfähigkeit mangelt, ist auch die Versuchung für Unternehmen<br />

größer, es auf einen Arbeitskampf ankommen zu lassen.<br />

Lass uns doch noch mal über die gestiegene gewerkschaftliche Konfliktbereitschaft<br />

reden.

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