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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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274 Die Klassenkämpfe in Europa<br />

Europäischen Union auferlegt wurde und das Wachstum weiter schwächt, und<br />

andererseits dem Vorgehen der Anleihemärkte, die die Zinsraten auf ein unhaltbares<br />

Niveau hochgetrieben haben, hat die Schuldenkrise weiter verschärft. 22<br />

Nach dieser Analyse stehen wir vor einer Krise, die sowohl tief als auch lang<br />

anhaltend und in der Eurozone von hoher Instabilität begleitet ist. Wegen der<br />

langen Dauer der Krise kann es verschiedene Phasen geben, die jeweils von politischen<br />

Verschiebungen begleitet sind und auch zu Veränderungen im Bewusstsein<br />

der Arbeiter führen – die von Trotzki diskutierte »Abwesenheit von Stabilität«.<br />

Bedingungen für den Aufstand<br />

Es sind nicht einfach die materiellen Umstände der unteren Schichten der Gesellschaft,<br />

die bestimmen, ob eine Krise in Widerstand umschlägt. Lenin sagte<br />

über die Bedingungen für eine Revolution: »Erst dann, wenn die ›Unterschichten‹<br />

das Alte nicht mehr wollen und die ›Oberschichten‹ in der alten Weise nicht mehr<br />

können, erst dann kann die Revolution siegen.« 23 Was hier für Revolutionen gilt,<br />

trifft auch im allgemeineren Sinne auf unterschiedliche Kämpfe zu. Antonio<br />

Gramsci kann wohl als der Marxist gelten, der am besten die Bedingungen erfasste,<br />

unter denen die herrschende Klasse den begrenzten Konsens herstellen<br />

kann, auf den sie zur Herrschaftsausübung angewiesen ist, ohne ausschließlich<br />

auf Repression zurückgreifen zu müssen:<br />

Durch die eigene Weltauffassung gehört man immer zu einer bestimmten Gruppierung,<br />

und genau zu der aller gesellschaftlichen Elemente, die ein- und dieselbe<br />

Denk- und Handlungsweise teilen. Man ist Konformist irgendeines Konformismus,<br />

man ist immer Masse-Mensch oder Kollektiv-Mensch. […] Wenn die Weltauffassung<br />

nicht kritisch und kohärent, sondern zufällig und zusammenhanglos ist, gehört man<br />

gleichzeitig zu einer Vielzahl von Masse-Menschen, die eigene Persönlichkeit ist auf<br />

bizarre Weise zusammengesetzt: es finden sich in ihr Elemente des Höhlenmenschen<br />

und Prinzipien der modernsten und fortgeschrittensten Wissenschaft, Vorurteile aller<br />

vergangenen, lokal bornierten geschichtlichen Phasen und Intuitionen einer künftigen<br />

Philosophie, wie sie einem weltweit vereinigten Menschengeschlecht zueigen<br />

sein wird. 24<br />

Die Kombination dieser zwei widersprüchlichen Konzeptionen der Welt kann<br />

bei der Arbeiterschaft zu einem gewissen Maß an Lähmung und Passivität führen,<br />

doch ist das keine statische Angelegenheit. Im selben Abschnitt seiner Gefängnishefte<br />

unterscheidet Gramsci zwischen den »normalen Zeiten« und den<br />

22<br />

Viele der Details werden von Lapavitsas u. a., 2012, behandelt, obwohl die Autoren mit meiner<br />

Einordnung der Probleme in eine langfristige Krise der Rentabilität nicht übereinstimmen.<br />

23<br />

Lenin, 1983, S. 71.<br />

24<br />

Gramsci, 1994, S. 1376.

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