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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Der aufhaltsame Abstieg 27<br />

entfesselter Märkte« stoßen ihn dagegen ab. Er teilt den Traum vom gezähmten<br />

Kapitalismus, von einer schiedlich-friedlichen Marktwirtschaft, in der die Gesetze<br />

von Konzentration und Zentralisation des Kapitals außer Kraft gesetzt sind.<br />

Kein Wort über die zerstörerischen Konsequenzen gerade der deutschen Exporterfolge<br />

auf die schwächere südeuropäischen Peripherie. Die Eroberung der europäischen<br />

Märkte durch die deutsche Exportindustrie – auch das ist ein »Exzess<br />

entfesselter Märkte«, aber er betrifft ja nicht unmittelbar die deutschen Metallarbeiter<br />

– obgleich die Schließung des Opelwerks in Bochum bereits eine indirekte<br />

Folge der Krise in Südeuropa ist, als wären der Erfolg von VW und die Krise<br />

von Opel voneinander zu trennen. Huber beruft sich ganz zu Unrecht auf Karl<br />

Marx, der auch schon zwischen innovativen und zerstörerischen Seiten der Märkte<br />

unterschieden habe. 38 Nach Marx rufen aber die Krisen des Kapitalismus »den<br />

Konkurrenzkampf unter den Kapitalen hervor, nicht umgekehrt.« 39 Und da diese<br />

unvermeidlich sind, sind auch die von Huber beklagten »Exzesse der Märkte«<br />

unvermeidlich. Die Märkte erscheinen »produktiv« im Aufschwung, sie erscheinen<br />

zerstörerisch in der Krise. Sowenig Aufschwung und Krise im Kapitalismus<br />

voneinander zu trennen sind, so wenig können Innovations- und Zerstörungskräfte<br />

der Märkte getrennt werden. Das eine ist nicht ohne das andere zu haben.<br />

Wo Brenner noch klagt, dass »statt sozialistischer Vorstellungen […] heute wieder<br />

die Überzeugung vertreten (werde), dass der Kapitalismus die einzig mögliche,<br />

sogar die einzig demokratische Wirtschaftsordnung sei«, 40 fordert Huber,<br />

dass »die Gesellschaft die positiven Mechanismen von Märkten nutzen« sollte.<br />

Zugleich klagt er aber, »dass der entfesselte Markt zur Gefahr der Freiheit geworden«<br />

sei.<br />

Natürlich ist Bertholt Huber mit seinem Bekenntnis zum sozialen, gezähmten<br />

Kapitalismus nicht verantwortlich für die Krisen des Kapitalismus, so wenig wie<br />

Otto Brenner etwas für den Nachkriegsboom konnte. Aber die Absage an die<br />

Kapitalismuskritik, die Verbreitung von völlig realitätsfernen sozialpazifistischen<br />

Marktideologien durch die Gewerkschaftsführungen heute, liefert die Mitglieder<br />

schutzlos den herrschenden Ideen aus, schickt sie mit Sommerkleidung in einen<br />

Schneesturm.<br />

Zwischen der Politik eines Otto Brenners und Berthold Hubers gibt es Unterschiede,<br />

aber es gibt auch wesentliche Gemeinsamkeiten. Die Trennung von politischem<br />

und ökonomischem Kampf, die Unterwerfung unter die Spielregeln der<br />

parlamentarischen Demokratie und damit des bürgerlichen Staates, die Unterwerfung<br />

unter die Schillersche Konzertierte Aktion oder die Schrödersche Agen-<br />

38<br />

Berthold Huber, Zukunftsreferat – 22. Ordentlicher Gewerkschaftstag, Karlsruhe, 12. Oktober<br />

2011, S.20<br />

39<br />

Karl Marx, Bd. 25. S. 266 f.<br />

40<br />

Otto Brenner, Durch Mitbestimmung zur sozialen Demokratie, Bochum 1960, S. 34

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