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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Nützt Rassismus den »weißen« Arbeitern? 335<br />

christlichen und muslimischen Lager wurde sie verdächtigt, die andere Seite zu<br />

unterstützen. Viele Juden versuchten dem zu entkommen, indem sie konvertierten.<br />

Die meisten der »conversos« hielten aber heimlich am Judentum fest. Die<br />

Ursache für diese »Verstocktheit« fand man dann in der »Unreinheit des jüdischen<br />

Blutes«. Der Nachweis des reinen Blutes (limpieza sangre) wurde über<br />

Jahrhunderte zu einer Institution der spanischen und portugiesischen Gesellschaft.<br />

Das Edikt wurde im 16. Jahrhundert auch auf konvertierte Muslime übertragen,<br />

auch sie wurden mit Hilfe des Blutedikts aus dem Land vertrieben. Trotz<br />

der Ähnlichkeiten zum heutigen, kulturalistischen Rassismus blieb der Nachweis<br />

der christlichen Abstammung eine Episode in einem brutalen Religionskrieg der<br />

»Re-Christianisierung« des Landes. Die Vertreibung von Muslimen und Juden<br />

war Ausdruck extremer religiöser Intoleranz.<br />

Dies gilt auch für die Judenverfolgung im späten Mittelalter. Der deutsche Reformator<br />

Martin Luther bot den Juden an, seinem neuen evangelischen Glauben<br />

beizutreten. Als sie sein Werben beharrlich ablehnten, rief er dazu auf, ihre Synagogen<br />

in Brand zu setzen, ihre Häuser zu verbrennen und sie aus dem Land zu<br />

jagen. Georg von Schönerer, der Gründer der antisemitischen Bewegung in Österreich,<br />

schrieb dagegen 1881: »Die Religion ist einerlei, in der Rasse liegt die<br />

Schweinerei.« Antisemitismus ist eine Unterform des modernen Rassismus, die<br />

vom christlichen Antijudaismus Luthers zu unterscheiden ist, auch wenn der Antisemitismus<br />

seine Wirksamkeit auf eine jahrhundertealte Tradition christlichen<br />

Antijudaismus aufbauen konnte.<br />

Nützt der Rassismus den »weißen« Arbeitern?<br />

Benjamin kritisiert meine These, dass rassistisch gesinnte Arbeiter gegen ihre eigenen<br />

Interessen verstoßen. Er hält dagegen, dass »›weiße‹ Deutsche im Verhältnis<br />

zu rassistisch unterdrückten Arbeitern relativ erträglichere Arbeitsbedingungen,<br />

höhere Löhne und bessere Aufstiegsmöglichkeiten vorfinden« und dass sie<br />

dies ihrer rassistischen Gesinnung verdanken. Ersteres stimmt für einen Teil der<br />

»weißen« Arbeiter, zweites trifft jedoch nicht zu. Ein »weißer«, »deutscher«<br />

Durchschnittsarbeiter ist selbst unterprivilegiert, seine Bildungschancen, seine-<br />

Wohnsituation, seine Aufstiegschancen machen ihn zum Proletarier mit entsprechenden<br />

Lebensverhältnissen. Die Tatsache, dass es unter ihnen Menschen gibt,<br />

denen es noch schlechter geht, macht sie nicht zu Privilegierten. Die Mehrheit<br />

der Niedriglohnbeschäftigten verfügt über die deutsche Staatsangehörigkeit<br />

(84,6 %) und hat keinen Migrationshintergrund und ein wachsender Anteil der<br />

mehrheitlich deutschen Stammbelegschaften macht die Erfahrung, dass sich ihre<br />

Löhne und Arbeitbedingungen unter dem Druck des »prekären« Sektors ebenfalls<br />

kontinuierlich verschlechtern. Die Arbeitsteilung innerhalb der Arbeiterklas-

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